17. Juni 2016

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Merle schaut sich den Contest an, um unserer morgigen Vorband beim Gewinnen zuzusehen und Bands für andere Events kennen zu lernen, Nieke verschwindet wie immer schnell irgendwohin und Miloš hat schon wieder Kohldampf. Diesmal gehe ich mit zum Essen.
Am Pizzastand stöbert Grietje uns auf. Sie packt mein Hemd, versucht mich durchzuschütteln und pöbelt mich lachend an: „Womit hatte ich das verdient? Ihr hättet das Lied auch prima ohne mich singen können!“
Ich lache auch. „Du hast mit mir gewettet, ich hab verloren und sollte dir eine Überraschung machen.“
Sie schnaubt. „Ich wette nie wieder mit dir!“
Ich lache noch mehr. „Wetten nicht?“
„Ich lasse dich nie wieder verlieren!“
„Oh, tu das bitte nicht“, mischt Miloš sich ein. „Dann wird er größenwahnsinnig.“


zweihundertsechstes Kapitel

Zu dritt haben wir die halbe Nacht lang durch das Sommerfest gefeiert, einige Einladungen als Vorgruppe zu Konzerten anderer Bands erhalten und, was mich besonders freut, die Möglichkeit, bei „strand en muziek“ mitzuwirken.
Das ist eine Reihe von kleinen Open-Air-Konzerten, die in der Hauptsaison an der Küste zwischen Alkmaar und Den Helder stattfinden, alle zwei Samstage eins, immer an wechselnden Orten. In Egmond, Petten und Castricum war ich schon mehrfach dabei, aber natürlich immer als Zuschauer. Und das ist schon wunderschön, zwischen den Dünen als Kulisse, dem Meeresrauschen als Hintergrundmusik und dem Sonnenuntergang als Beleuchtung zu stehen und einer guten Band zu lauschen.(386)
Die beiden Veranstalter erklären, dass sie immer auf der Suche nach neuen frischen Bands sind, die für ein kleines Publikum alles geben und vor großen Mengen kein Muffensausen kriegen, dabei aber möglichst wenig kosten. Fahrtkosten und Unterbringung bzw. kleine Gagen sind drin, der Rest ist die Referenz der Band, Bühnenerfahrung, eine Liveaufnahme.
Finanziert wird der Spaß zur Hälfte durch die Eintrittsgelder, den Rest tragen Sponsoren und die Tourismusbüros der Ortschaften.

Als wir nach dem Auftritt die Bühne verlassen, sind wir wie üblich total aufgekratzt.
Leider haben wir nicht viel Gelegenheit, diesen Zustand zu genießen.
„Darf ich mal was sagen?“, fragt Nieke.
„Na klar“, wundert Merle sich über die förmliche Ankündigung.
Miloš stößt mich kichernd in den Rücken, „Hör gefälligst zu!“
Ich nehme ihn in den Schwitzkasten, „Hör selber zu!“
„Können die Herren dann mal?!“, schnaubt Merle, zieht uns auseinander und schließlich stehen wir in erwartungsvoller Stille.
„Das war unser letzter gemeinsamer Auftritt. Ich habe–“
„Warum denn das?“, geht Miloš gleich dazwischen.
„Lass sie doch ausreden!“, muss ich noch mehr dazwischen gehen.
„Ich wollte sagen, ich habe lange darüber nachgedacht, ob es der richtige Schritt oder der richtige Zeitpunkt ist, aber … mir ist kein besserer eingefallen. Tut mir leid, wenn ihr die Bandpläne nun ändern müsst.“

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