4. Juni 2015

1

erstes Kapitel

Endlich Freitag! Feierabend! Wochenende! Jippieh!
Als Gott den Sonntag als Ruhetag in die Siebentagewoche integriert hat, war er seiner Zeit echt weit voraus. Aber ich glaube, als die Gewerkschaften vor ungefähr fünfzig Jahren mit der Fünftagewoche ankamen, hatte er auch seine Finger mit ihm Spiel.
Diese Woche hatte es in sich; kaum zu glauben, dass die Sommerferien erst vierzehn Tage vorbei sind. Keine Ahnung, was im Einzelnen so anstrengend war, jedenfalls bin ich froh, die Schule für die nächsten zwei Tage allenfalls von außen sehen zu müssen. Manchmal denkt man, dass alle Kinder zugleich einen Sonnenstich haben, denn so haben sie sich benommen.
Vielleicht fahren Helena und ich dieses Wochenende wieder nach Dersummeroog. Ieuwkje, eine alte Schulfreundin von Helena, hat uns vergangenen Sonntag mit den Worten „Ich warte nur zwei Wochen, höchstens! Danach esse ich den Rest Eistorte alleine auf!“ verabschiedet. Und das kann ich mir nicht entgehen lassen. Diese Eistorte ist eine Wucht!
Der zuständige Konditor, der aus einer der ganz alten Dersummer Familien stammt, hat die niederländische Tortenmeisterschaft (oder so was ähnliches) gewonnen und deswegen allen Haushalten des Ortes eine Minitorte nach Wahl ausgegeben. Und deswegen hat auch in der Pension „Kijkdoos“ von Ieuwkjes Tante so ein Exemplar gestanden. Die beiden haben Halbe-Halbe gemacht und Ieuwkje ist so freundlich gewesen, einen Teil ihrer Hälfte mit uns zusammen zu verspeisen.
Aber vielleicht hat Helena auch was anderes geplant, mal sehen. Beschwingt ein Liedchen vor mich hin pfeifend radele ich durch die belebten und verwinkelten Gassen von Zuyderkerks altem Stadtkern nach Hause.

Vor dem Altbau, in dem wir im zweiten Stock wohnen, steht Kris­tiens Auto mit geöffneter Heckklappe. Seltsamerweise stehen eine Menge Koffer und Taschen darin. Was ist denn da los?, frage ich mich und lehne mein Fahrrad an die Laterne vorm Haus. Hoffentlich hat Kris­tien sich nicht gerade zu einem mehrwöchigen Besuch bei uns einquartiert!
Der Wohnungsflur ist zugestellt mit weiteren Taschen, Helenas Computer und gestapelten Kartons. Im Schlafzimmer finde ich die beiden Freundinnen. Der Kleiderschrank steht offen und es sind fast nur noch meine Sachen drin.
„Hoi“ grüße ich und möchte von Helena wissen: „Was wird das hier, wenn es fertig ist?“
Kristien mischt sich ein: „Wonach sieht es aus?“
Unsere Beziehung ist nur mit viel Fantasie freundschaftlich zu nennen. Ich akzeptiere sie lediglich aus einem Grund: weil sie Helenas beste Freundin ist. Deswegen sage ich nichts dazu. Stattdessen frage ich Helena: „Wo willst du hin?“
Helena guckt weg. „Falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest: Es ist aus mit uns.“
„Wie, aus?“, frage ich verständnislos.
Kristien übersetzt unaufgefordert: „Vorbei. Schluss. Ende im Gelände!“
„Halts Maul“, fahre ich sie an, „Kann sie vielleicht selber reden?“
„Stimmt“, schaltet Helena sich jetzt ein, bevor wir zum x-ten Mal verbal aufeinander losgehen. „Kristien, warte bitte unten auf mich. Wir klären das hier besser ohne dich.“
„Seh ich auch so“, murmele ich. Wenn ich eins hasse, ist es, dass diese Person ihre spitzfindigen Kommentare ständig zu allem dazugeben muss!
Kaum dass sie uns alleine gelassen hat, fängt Helena an: „Bitte, Jeremy. Brich mir bitte keine große Szene vom Zaun. Nein, du kannst mich nicht überreden, es noch einmal zu versuchen. Nein, ich werde es mir auch nicht später überlegen. Es ist wirklich aus. Und ich habe keine Lust, dir jeden einzelnen Schritt zu erklären.“
„Ja, aber … du kannst doch nicht … einfach so“, ist alles, wozu ich zu sagen in der Lage bin. Plötzlich fällt mir was ein. „Hast du einen Anderen?“

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