„Segeln, zelten, schwimmen, Fisch am Lagerfeuer grillen, die Mitternachtssonne sehen, hübsche Schwedinnen treffen und so“, umschreibe ich vage. „Männerkram halt.“
„Was wollt ihr denn mit hübschen Schwedinnen?!“
„Sie kennen lernen und dann feststellen, dass keine so großartig ist wie du“, ruft er.
„Das will ich aber auch hoffen! Vielleicht ist es besser, dass aus der Reise nichts wird, sonst kommst du womöglich auf dumme Gedanken!“
Ich habe so meine Zweifel, ob die Reise nach Bosnien nicht auch zu dummen Gedanken führt, immerhin werden sie viel Zeit zweisam verbringen und es ist ja noch nicht September. Aber das muss er selbst wissen.(380)
„Jeremy, wo hast du etwas zu trinken? In der Kajüte?“
„Nein, guck mal in der Klappe nach. Unter dir.“
Er steht von der Matte auf und findet unter der Klappe noch zwei 1,5-Liter-Flaschen aus einem großen Sechser Mineralwasser. Merle ist gleich bei ihm, er gibt ihr eine Flasche, sie trinkt durstig. „Wollt ihr auch?“, fragt er derweil.
„Ja, aber lasst mich aus eurer Flasche trinken. Ich will nämlich keine anderthalb Liter.“
„Und du, Nieke?“
„Danke, ich mag nichts.“
Nachdem er getrunken hat, bringt Merle mir die Flasche. Neben mir bleibt sie stehen, hält sich mit der einen Hand an der Reling fest und streichelt mir mit der anderen durch die Haare. Da ich mich ja heute früh nicht rasieren konnte (und ich das nur tue, wenn es nötig ist), sind sie gerade verhältnismäßig lang.
Jetzt kommt auch Miloš herüber. Er setzt sich auf die Planken und nimmt die Isomatte als Rückenpolster an der Reling.
„Und? Keine Anweisungen an sie, dass sie ihre Finger von mir nehmen soll?“, reize ich.
„Nein. Ich vertraue ihr völlig.“
„Mir demnach nicht.“
„Doch. Aber dir traue ich zusätzlich alles zu, da muss man differenzieren.“
„Differenzieren, soso! Riskierst du Differenzen? Denk immer dran: du hast heute schon mal verloren.“ Ich werde ihn aber nicht noch einmal in den Schwitzkasten nehmen. Er ist einfach noch nicht fit. Er hält sich ja auch jetzt sehr zurück, hat lange gelegen, sitzt nur herum.
„Ich habe keine Angst vor dir!“
„Angst hilft da auch nicht weiter.“
„Bitte, Jungs, nicht schon wieder“, schnaubt Nieke lachend. „Zweimal am Tag muss das doch reichen, oder?“
„Was muss reichen?“, erkundige ich mich mit Unschuldsmiene.
„Meist freundlich, manchmal ziemlich laut.“
Ich verdrehe die Augen. Das werd ich nicht mehr los, solange ich die drei um mich habe. Merle hat alles mitbekommen, streckt die Hand aus und fährt mir wieder über den Kopf. „Lässt du sie jetzt wachsen?“, bietet sie mir Gelegenheit, von etwas anderem zu reden.
„Ist nicht geplant.“
„Aber ein bisschen länger würde dir besser stehen.“
„Was meinst du damit?“
„Es geht um die Symmetrie deines Gesichts. Du hast eine schlanke Kopfform und eine gerade Nase. Nach unten ist dein Gesicht begrenzt durch den Bart. Aber da du nie Mützen oder Hüte trägst, wirkt es wie oben offen, wenn du die Haare nur ein paar Millimeter lang hast. Oder besser gesagt kurz.“
„Du hast dir dazu ja schon ziemlich viele Gedanken gemacht.“
Sie schnippt an mein linkes Ohr und kontert: „Ich habe dich schon ziemlich oft angeguckt.“
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