17. Juni 2016

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Sie trocknet ihr Gesicht. „Entschuldige du auch. Ich reagiere bei dem Thema sehr … na ja, zu … zu viel. Also, zu stark.“
„Na komm, hör auf dich zu entschuldigen. Krempel die Hose hoch und lass die Sonne dran. Sonnenschein macht glücklich.“
„Wer ist Marjorie?“
„Meine Mama. Also, Stiefmama. Wenn sie das nächste Mal zu einem Auftritt kommt, stell ich sie dir vor.“
Aus dem Bug erklingt ein bekanntes Geräusch.
„Hier, halt das mal fest“, sage ich, fasse Niekes Hand und lege sie um das Ruder.
Sofort kriegt sie einen panischen Blick, „Ich kann das nicht! Was, wenn etwas passiert?“
„Es wird nichts passieren.“ Ich stehe auf.
„Jeremy! Nimm das … das Dings sofort zurück!!“, befiehlt sie hektisch, aber ich lache nur und gehe nach vorne.
Ach, wie ist das süß! Ihr fettes Händchen mit den mädchenrosa Fingernägeln ist in seine Pranke geschmiegt und so liegen sie da und träumen vielleicht von der gemeinsamen Zukunft. Ich schleiche zurück zu Nieke, die die Ruderstange mit beiden Händen umklammert hält. Kaum sitze ich wieder, lässt sie das Holz los, als würde es brennen.
„Eingepennt. Beide“, tue ich ihr kund.(379)
„Mach das nicht noch mal!“
„Alle anderen Leute reißen sich drum, das Ruder festzuhalten.“
„Erstens bin ich nicht alle anderen Leute und zweitens“, weil es im Bug laut wird, unterbricht sie sich, „Ist das normal, dass er so schnarcht?“
„Ja. Endlich schnarcht er wieder normal. Vor der OP hat er schlimme Atemgeräusche gehabt. Dagegen ist das die reinste Musik.“
„Musik“, wiederholt sie zweifelnd. „Da kenne ich ja schönere. Schnarchst du auch so?“
„Nie!“
„Aha. Genauso laut.“
„Nicht so laut, sondern anders. Das sagen zumindest die Leute, die mir beim Schlafen zuhören. Wieso weißt du das nicht? Angeblich penn ich doch immer ein, wenn ich bei dir bin!“
„Im Kino hast du jedenfalls nicht geschnarcht. Sonst hätte ich dich geweckt.“
„Und im Coec haben wir auch in einem Raum gepennt“, fällt mir auf.
„Das weiß ich nicht mehr. Wie hat Merle es geschafft, dabei einzuschlafen?“
„Ich denk mal, er hat gewartet, bis sie eingeschlafen war. Aber es geht auch ohne den Service. Es dauert dann nur ein bisschen länger.“

Wir sitzen lange schweigend nebeneinander.
Die Sägewerksmusik mischt sich mit den maritimen Glücksklängen; dem Knarren der Takelage, dem Rauschen des Windes, dem Klatschen der Wellen am hölzernen Schiffsrumpf.
Gibt es einen schöneren Ort als das Hier? Eine bessere Tätigkeit als zu segeln? Eine angenehmere Gesellschaft als meine drei Freunde?
Ich kann es mir gerade nicht vorstellen.

Irgendwann fällt mir ein, was Miloš und ich auf dem Heimweg von der VKR gesprochen hatten und ich frage sie: „Du hast erzählt, dass Stan und Romina aus deiner Kirche sind – in welche gehst du denn?“
„Ins Gemeindezentrum in der Zwaagse Straat. Kennst du bestimmt.“
„Jep. Den Laden kenn ich.“
„Du klingst nicht begeistert.“
„Bin ich auch nicht. Ich hab versucht, Fuß zu fassen, es wurde mir leider nicht gestattet.“
„Was meinst du damit? Außerdem, wann warst du da? Kannten wir uns schon?“
„Möglich, dass es sich um ein paar Wochen überschnitten hat, viel kann es nicht sein.“

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