16. Juni 2016

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Das klingt ja schon ziemlich nach baldiger Hochzeit … „Nein. Das hat nichts mit dir zu tun. Arbeite dich ein bisschen in die serbisch-bosnisch-kroatische Geschichte rein. Da hat es immer Schwierigkeiten gegeben, vielleicht, weil sie so viele Gemeinsamkeiten haben. Und weil sie sich immer den selben kleinen Fleck Land geteilt haben.“
„Ich will halt keine Familie auseinander reißen.“
„Hab keine Angst, das wird nicht passieren. Es ist eine ganz andere Ausgangslage. Du bist keine Yugo. Da gelten andere Maßstäbe. Willst du nicht lieber noch irgendwas über deine neue Verwandtschaft wissen?“, lenke ich ab.
„Danke, ich bin beeindruckt. Laut Miloš hast du ein Personengedächtnis wie ein Sieb.“
„Der hat halt auch nicht immer recht“, schnaube ich theatralisch. „Was mir allerdings noch einfällt, ist: wieso nennst du eine Familie mit drei Kindern eine Großfamilie?“
„Die kriegen Zwillinge. Im Herbst.“
Ach, guck an. „Dann macht euch mal auf alles gefasst.“
„Auf was „alles“ sollen wir uns gefasst machen?“
„Deine Schwestern Pippi und Polly sind Zwillinge. Seine Kusine kriegt auch Zwillinge. Das steigert die Wahrscheinlichkeit, dass das ein dominant erbliches Merkmal ist und aus eurer Verbindung ebenfalls Zwillinge hervorgehen.“
Lachend schüttelt sie den Kopf. „Solange es keine eineiigen Zwillinge sind, gibt es keine erbliche Dominanz.“
„Wieso weißt du das so schnell? Hast du etwa auch schon mal darüber nachgedacht?“
„Natürlich, das kommt ja ganz automatisch. Aber ich will keine Kinder. Pippi hat mal gesagt, fürs Kinderkriegen wäre Polly zuständig, und da schließ ich mich gerne an. Kannst du dir mich als Mami vorstellen?“
Ich hebe die Schultern, und zugleich Nieke: „Nein.“
„Ganz im Gegensatz zu dir“, Merle grinst sie an. „Wie viele hättest du denn gern?“
„Allzu lange sollte ich jedenfalls nicht mehr warten, ich bin ja schon vierunddreißig. Zwei Kinder wären fein. Fünf kann man sich heutzutage glaube ich nicht mehr leisten.“
„Wenn es nach dem Geld gegangen wäre, hätten meine Eltern schon nach Polly und Pippi aufgehört mit dem Kinderkriegen. Zum Glück haben sie weiter gemacht!“
Wie sie so über Kinder reden, fällt mir ein: Was denkt Miloš eigentlich dazu? Womöglich hat er schon ein bis vier kleine Kusturicas eingeplant?
Merle ist mit den Gedanken woanders angelangt. „Polly hat übrigens die neue Namenskombi erschaffen. Wir heißen jetzt Merloš. Wahnsinnig kreativ.“
„Aber immerhin besser als Meric. Ausgeglichener.“
„Ja. Mirle war auch im Rennen, aber das hat sich zum Glück nicht durchgesetzt.“
„Klingt wie so ein fieses kleines Tierchen, das dir Löcher in die Haut beißt.“
„Das ist eine Milbe, glaub ich.“
„Ich verstehe kein Wort von dem, was ihr redet“, stellt Nieke leicht beunruhigt fest.
Das täte ich an ihrer Stelle auch nicht! „Ihre Großfamiliengeschwister reden, bis einem die Ohren abfallen“, erkläre ich, „aber ausgerechnet bei den verbandelten Geschwistern müssen sie sparen, da denken sie sich Namenskombinationen aus. Merle und Miloš heißen deswegen Merloš. Vom einen der Anfang, vom anderen das Ende. Maurice und Jenny sind Jennice, Polly und Antonio heißen Antolly.“
„Na ja“, grinst Merle, „du weißt nur die halbe Wahrheit. Menschen, die grundsätzlich zu zweit aufkreuzen, kriegen auch so einen Doppelnamen.“
„Sag ich doch. Die Paare.“
„Nein, auch so Typen wie du und Miloš. Ihr heißt zusammen Mimy.“
„Aha. Demnach ist er in zwei Doppelnamen vertreten. Das schaffen nur die wenigsten.“

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