16. Juni 2016

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zweihunderterstes Kapitel

Kurz darauf verabschiedet sich der liebe Miloš in Richtung Proberaum. Da sie niemanden mehr zum Anhimmeln hat, wendet sie sich uns zu.(376) „Geht ihr noch mal fein essen? Toni hat mir von einem Restaurant in Aachen vorgeschwärmt.“
„Fährt der bis Aachen, um was zu essen?!“
„Er war mit Conny da. Sie hatten die Kinder an ihre Schulfreunde verteilt und sind hingefahren. Mit Museum und Wellness und so weiter. Na ja, und halt dieses Restaurant, das aber nicht zu ihrem Hotel gehörte.“
„Ach so, sie haben da übernachtet?“
„Jaha! Geschlafen“, kichert sie.
„Lass ihn in Ruhe“, schlägt Nieke sich auf meine Seite. „Als er im Kino eingeschlafen ist, konnte er wirklich nichts dafür. Es war die Woche, in der Miloš im Krankenhaus war. Da wären wir auch erschöpft gewesen.“
„Süß, wie du ihn verteidigst. Soll ich Toni nach den Adressen fragen?“
„Was stellst du dir denn vor, wann wir da hinfahren sollen?“, gehe ich dazwischen. „Wir haben jeden Samstag Probe.“
„Ihr könntet das nach dem Sommerfest tun, wenn wir eh’ nicht da sind.“
„Wieso seid ihr eh’ nicht da? Und wer eigentlich? Du und Miloš?“
„Hat er dir noch nichts davon gesagt? Na, scheint so. Großartig, Merlekind, dein Timing ist wie immer äußerst eindrucksvoll“, schimpft sie sich brummelnd selbst aus.
„Bitte von vorne, Merlekind. Warum seid ihr nicht da?“(377)
„Frag ihn das selbst.“
„Nein, das dauert mir zu lange. Wer weiß, vielleicht verquatscht er sich gerade mit Zoran, dann können wir stundenlang warten, bis er wieder hier ist. Ich will es jetzt wissen.“
Sie ergibt sich seufzend. „Einer von seinen Schwägern hat ihn angerufen, dass sie sich ein neues Auto gekauft haben und ob er das alte haben will. Ich hab den Namen vergessen, das ist jetzt also nicht der mit der Großfamilie, der auch einen Miloš hat, sondern der andere.“
„Demnach hat er mit Danko telefoniert.“
„Wie heißt seine Frau?“
„Willst du mein Namensgedächtnis prüfen?“
„Nein, ich will es einfach wissen.“
„Die heißt Midi und ist drei Monate älter als Miloš“, bündele ich Informationen über meine serbische Sippe, „die andere ist Bogi, zwei Jahre älter als er, und mit Nikola verheiratet. Sie haben drei Jungs, den David, den Ivica und den Miloš.“
„Wie alt sind die?“
Lass mal rechnen … als wir das letzte Mal dort waren … „Sieben, fünf und drei.“ Kinder kann ich viel besser altersmäßig schätzen als Erwachsene, weil ich mit ihnen ja jeden Tag zu tun habe. „Midi und Danko haben ein Mädchen, Natalija. Die ist auch fünf. Sloba ist die nächste Kusine, dann Dodo und Fifi, das sind die beiden, die sich inzwischen in den USA niedergelassen haben. Obibi und Jadi wohnen noch bei den Eltern.“
„Und die heißen Dragan und Dijana.“
„Richtig. Dijana ist also die Schwester von deinem potenziellen zukünftigen Schwiegervater. Zeljko. Miloš’ Mutter heißt Marika.“ Apropos zukünftiger Schwiegervater: Sollten die beiden wirklich heiraten, brauchen sie zum Feiern eine größere Halle als Zoran und Lisanne.
„Haben sie auch Geschwister?“
„Zeljko hat noch zwei oder drei Brüder, ich hab die aber alle noch nie gesehen. Ein gewisser Kusturica hat mir mal gesagt, das wäre nicht so einfach mit den Kusturicas. Und zu Marikas Verwandten besteht gar kein Kontakt, sie waren dagegen, dass sie einen Serben heiratet.“
„Mit denen ist es also noch weniger einfach als mit den Kusturicas.“
„Haargenau.“
Mit einem Mal sieht sie sehr nachdenklich aus. „Du, Jeremy“, fängt sie zögernd an. „Du kennst die Kusturicas ein bisschen. Werden sie was dagegen haben, dass schon wieder eine Ausländerin in die Familie kommt?“

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