Er hält mich auf, „Warte mal.“ Weil ich nicht sofort wie angewurzelt stehe, legt er mir sogar die Hand auf den Arm.
Ich mache mich los.
Er hört zu und sagt ihr was. Und an mich: „Sie möchte, dass du ihr zuhörst.“
„Hab ich undeutlich geredet? Ich will nicht!“
„Sie bittet um Verzeihung für das, was sie getan hat.“
„Aha“, grunze ich. Das sind ja mal ganz neue Töne. Ist sie wirklich einsichtig oder will sie mich damit nur zu etwas bewegen, das sie sonst nicht kriegt? Ich hole die Forellen aus dem Kühlschrank; er weicht aus zum Geschirrschrank. Dann brauche ich das Schneidebrett, das im Geschirrschrank steht. Miloš verzieht sich auf die Terrasse.
Nach einer Weile bringt er das Telefon zurück auf die Ladestation.
Ich weiß schon, was jetzt kommt. Er hat die ganze Geschichte aus ihrer Sicht gehört und weil ein bisschen Zeit vergangen ist, ist sie nicht mehr so emotional und deshalb glaubhafter und daher will er nun auch meine Version erfahren. Was er bisher erfahren hatte, war ja nur, dass ich Schluss gemacht habe – da war er dabei. Aber ich will nicht. Ich will weder mit ihr reden noch mit ihm über sie reden.
Weil ich sehr konzentriert mit den Fischen und ihrem Inhalt beschäftigt bin, nimmt er mir irgendwann das Zeug aus den Händen, dreht mich zu sich um und fragt: „Jeremy. Was ist passiert zwischen euch? Warum kannst du ihr nicht verzeihen?“
Ich will! nicht! darüber reden!
Er schiebt die Kochzutaten zusammen und flankt auf die Arbeitsplatte. Er guckt mir in die Augen (drum hat er sich da hingesetzt, so ist er weiter oben), aber ich gucke weg. „Ich kenne keinen Menschen, der lieber anderen Menschen verzeiht, von so alten und weisen Leuten wie Theodorus und Amalia abgesehen. Aber keinen Gleichaltrigen. Was ist los?“
„Was hat sie dir denn gerade erzählt?“
„Nichts. Nur dass sie nicht versteht, warum du Schluss gemacht hast, vor allem, weil ich ihr glaubhaft versichern konnte, dass du nicht mit Nieke zusammen bist. Aber irgendwas schlimmes muss sie ja getan haben, weshalb du Schluss gemacht hast. Deswegen möchte sie gerne mit dir reden, um es aus der Welt zu schaffen und bittet um Verzeihung.“
Soso. „Und warum hast du mit ihr gestritten?“
„Wir haben nicht gestritten.“
„Klar. Ihr schreit euch immer so an.“
Er verdreht die Augen. „Es ging um andere Sachen.“
„Aha. Aber ich will wirklich nicht drüber reden. Akzeptier das.“
„Aber Vergebung ist total wichtig!“
„Das stimmt, aber ich muss das mit Gott klären, nicht mit dir. Dich geht es nichts an. Und jetzt lass mich in Ruhe kochen.“
„Unter einer Bedingung.“
Ich verdrehe auch die Augen. „Die wäre?“
„Ich darf Merle einladen.“
Gut, dass ich große Forellen gekauft hatte! „Wenn das alles ist!“
zweihundertstes Kapitel
Als sie bei uns eintrudelt, ist sie nicht alleine; Nieke ist bei ihr.
Wir begrüßen uns und ich will wissen: „Wo habt ihr euch getroffen?“
„Sie kam vorbei“, „Ich habe gestern eine CD im Proberaum“, „Ich dachte, du machst vielleicht noch einen Nachtisch“, „Ich will gar nicht lange stören“, „und dann werden wir auch zu viert satt“, reden beide zugleich und Merle überreicht mir in dem Durcheinander einen großen Blumenstrauß. „Bitteschön, lieber Gastgeber! Wir haben uns gedacht, wenn wir nun schon so einen Überfall machen, können wir das wenigstens auf hübsche Weise tun.“
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