„Mach es auf!“
Ihre Begeisterung ist ansteckend. Ich klappe den Lederdeckel auf und ein verführerischer Duft steigt mir entgegen. Zwischen Geldbörse und Lippenstift steckt eine kleine Tüte Fritten. Lachend nehme ich sie raus und gebe die Tasche zurück.
„Leider gibt es kein Ketschup.“
„Macht nichts!“ Ich kaue schon. Fritten in der Handtasche! Ein kleines bisschen verrückt muss sie schon sein!
Das Tütchen ist gerade leer, als der Zug nach Alkmaar einfährt. Ich werfe es in den Mülleimer, lecke mir die salzigen Finger ab und folge Nieke in den Waggon.
In Alkmaar gehen wir in ein vegetarisches Schnellrestaurant und essen Wraps und Burger. Ich habe das Gefühl, sie taut immer mehr auf. Wir lachen, bis mir der Bauch weh tut und ich fast nichts mehr essen kann.
Als wir auf dem Weg zum Kino an einer roten Ampel halten müssen, sagt sie: „Es ist so schön zu sehen, wie glücklich du wieder bist. Zwei Dinge, die dir das Leben schwer gemacht haben, haben sich fast zugleich gelöst. Ich freu mich für dich.“
Ich nicke. Sie sagt oft solche Dinge, die ihr gerade auf dem Herzen sind, hat sie irgendwann neulich erklärt, und dass man nichts darauf antworten muss. Das entspannt mich.
Es ist grün und wir überqueren die breite Straße, die rund um die historische Altstadt führt. Durch eine schmale Straße betreten wir den Altstadtkern. Weiter geradeaus kommt in ungefähr hundertfünfzig Metern die Kirche. Nebenan war meine erste Studentenbude; ein schrecklich schiefes Ding unterm Dach. Ich biege aber schon vorher links ab in eine Hofeinfahrt.
„Wo gehst du denn hin?“, fragt Nieke.
„Zum Kino.“
„Darf man hier durch?“
„Wenn man es nicht dürfte, würde ich es tun?“
Sie ist stehen geblieben und schaut mich von oben bis unten an. „Diesbezüglich bin ich mir bei dir noch nicht ganz sicher.“
„Aber bis du dir sicher bist, kannst du ja mitgehen.“
Lachend folgt sie mir und schaut sich dabei um. Gartenmöbel wie für eine große Gesellschaft stehen herum, auf dem Tisch sind Getränke, eine Frau nimmt Wäsche ab, zwei kleine Mädchen hocken auf den Steinen und malen mit Kreide. Niemand stört sich an uns.
Wir gehen diagonal über den kleinen Hinterhof, durch das Tor, überqueren die nächste schmale Seitenstraße, folgen einem Gässchen, das an seinem Ende nicht mal einen Meter Breite hat – und stehen vorm Apollo-Kino.
„Ach!“, wundert sie sich.
„Ich habe hier studiert, was wunderst du dich, dass ich alle Wege zum Kino kenne?“
„Hast du Kino studiert?“, lacht sie.
„Nein, aber meine damalige Freundin. Die musste jeden neuen Film sehen. Ich hab es also sozusagen im Nebenfach studiert“, lache ich mit.
„Wenn du magst, können wir deine Studien fortführen.“
Ich hebe die Schultern. „Muss nicht. Ich hab in der Zeit, in der wir zusammen waren, eine Überdosis Kino abgekriegt, ich glaub, das reicht fürs Erste. Also, ich mach das hier freiwillig, nicht dass du denkst … aber ich muss nicht in jeden neuen Film rennen.“
„Ich versteh dich schon“, lächelt sie.
Weil sie vorhin die Wraps gezahlt hat, übernehme ich die Kinokarten, und da sie kein Popcorn oder andere Snacks haben will, begeben wir uns gleich auf unsere Plätze.
„Ist deine Kino-Ex dieselbe, mit der Miloš auch zusammen war?“, lässt sie das Gespräch nicht versiegen.
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