16. Juni 2016

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Ich stelle das Telefon zurück und eröffne Merle und Miloš, die sich während des Telefonats in die Küche verzogen hatten: „Ihr müsst es heute Abend ohne mich aushalten.“(359)
„Was habt ihr vor?“
„Wir gehen ins Kino.“
„Was läuft?“
„Ein Film über Leonard Bernstein.“
„Typisch Nieke, he? Bei ihr machst du mit Musik nichts falsch.“
Aha! Es geht also um Musik. Gut zu wissen.
„Sag mal, Jeremy, läuft was?“, fragt Miloš.
„Was?“ Einen kurzen Moment habe ich nicht aufgepasst. „Im Kino oder was? Ein Film über Leonard Bernstein, das hab ich doch gerade gesagt?“
Merle grinst. „Der Körpersprache nach, ja, aber er kann es noch nicht zugeben.“
„Worüber redet ihr?“
„Und dann diese Chance!“, grinst er jetzt auch.
„Welche Chance?“
„Dunkelheit!“, ruft Merle mit verzücktem Gesicht, und Miloš schließt sich an: „Dichte Geräuschkulisse!“
„Wo-drü-ber re-det ihr?“, will ich wissen.
„Ist das so schwierig? Denk doch mal an Abba.“
„Was hat denn ins Kino zu gehen mit Abba zu tun?“ Ist das jetzt wieder so eine Musiklexikonfrage? Tut mir leid, ich habe den Anschluss verpasst. Oh! Ich verpasse meinen Zug! Ich wühle in der Schultasche nach Geld, stopfe es in die Hosentasche, rufe den beiden „Tschüss, Leute, bleibt anständig!“ zu und bin weg.

Erst als ich in der Bahn sitze, verstehe ich die Andeutungen. „Läuft was“ bezog sich nicht aufs Kinoprogramm, sondern die beiden wollen mich verkuppeln! Deswegen auch die Bemerkung mit Abba! Eine Band, zwei Paare.
Da sind ihnen wohl die Hormone durchgegangen. Seit sie ein glückliches Paar sind, darf ich kein Single mehr sein?! Na vielen Dank. Ich verbringe zwar wirklich ausgesprochen gerne Zeit mit Nieke, aber in mir drin schreit alles nach einer Pause.(360) Ich glaube nicht, dass es gut ist, so schnell nach der einen Beziehung eine neue anzufangen. Besonders, wenn die vergangene so anstrengend und nervenaufreibend gewesen ist. Man vergleicht nur die eine mit der anderen, das wird der neuen Partnerin nicht gerecht.
Ob Nieke das genauso sieht? Oder ist sie heimlich in mich verknallt und sendet die ganze Zeit versteckte Signale, auf die ich nicht reagiere?
Ach nein. Sie hat bisher einen so klaren Eindruck auf mich gemacht … versteckte Signale sind nicht so ihre Art. Glaub ich. Hoff ich.


hundertsechsundneunzigstes Kapitel

Als der Zug einfährt, sehe ich sie schon. Heute trägt sie das Haar offen. Es ist eine Pracht. Sie hat eine weiße Bluse an, einen engen, übers Knie reichenden schwarzen Rock und ganz sicher die hohen Stöckelschuhe. Mannomann. Dass sie darauf die Balance halten kann!
Ich überwinde die Fußgängerbrücke und wir begrüßen uns.
„Ich habe es nicht geglaubt, aber du hast tatsächlich recht“, lacht sie und schaut mich an. „Herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Wette.“
Wir sind genau auf Augenhöhe – in Zentimetern gerechnet. Wie gut, dass ich nicht gewettet hatte, größer zu sein. „Danke“, sage ich artig.(361)
„Ich habe eine Überlebensration für dich eingesteckt, damit du es bis zum Happen in Alkmaar aushältst.“ Sie gibt mir ihre Handtasche. „Sei vorsichtig, damit nichts heraus fällt.“
„Ähm … soll ich in deinem Universum rumkramen?“

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