„Und was hast du gemacht?“
„Ja gesagt und geheult.“
„Typisch Miloš. Langsam machen sollen die anderen. Aber mal so zu meinem … ähm, seid ihr auch so richtig verknallt oder was?“
„Natürlich sind wir das.“
„Das kommt ja ein bisschen plötzlich.“
„Nein, wir waren es schon länger, schon vorm Streiten. Beide. Aber wir wollten es nicht zugeben, auch nicht vor uns selber.“
Es ist genauso gekommen, wie ich all die Zeit vermutet habe.
„Und … ist das dann auch so eine Geschichte wie mit Lisanne und Zoran, dass sie sich schon beim ersten Treffen toll gefunden haben und dann ist immer mehr draus geworden?“
„Nein, das hatte ich dir doch mal erzählt. Ich war gedanklich zuerst noch sehr mit Eric beschäftigt. Eigentlich hat es damit angefangen, dass du mir die Meinung gesagt hast. Dass ich nicht länger auf die Gemeinsamkeiten zwischen ihm und Eric schauen soll, sondern auf die Unterschiede. Aber ich hab bestimmt zwei Monate gebraucht, bis ich überhaupt mal annehmen konnte, dass du recht hast. Aber bild dir da jetzt bitte nichts drauf ein, ja?“
„Versprochen. Weiß er davon?“
„Bis jetzt nicht. Ich habe noch keinen passenden Moment gefunden.“
„Dann lass es bitte. Es soll nicht so aussehen, als wäre ich überall beteiligt.“
Sie lacht. „Jeremy, es muss nicht so aussehen, es ist so. Wer hat mich gestern losgeschickt, ihn zu besuchen?“
„Ich musste das tun! So eine gute Gelegenheit wäre sonst nie wieder gekommen!“
„Richtig. Du musstest und du hast getan und es war genau richtig. Wie im Winter, als ihr noch am Renovieren wart. Und soll ich dir was sagen? Ich finde das gut. Du bist mein bester Freund. Mach bitte weiter so.“
„Aha“, mache ich reserviert. Wird sie jetzt auch sentimental? Ich will noch etwas hinzufügen, aber sie sagt schon: „Ich begreife nur nicht, warum er dir das mit uns nicht längst erzählt hat. Ihr seid doch immer wie Zwillinge und außerdem telefoniert er so gerne!“
Bevor sie sich die ganze Nacht wundert, warum er so ungewöhnlich gehandelt hat (besser gesagt, das Handeln unterlassen hat), verlasse ich meine Deckung. „Meine liebe Merle, soll ich dir was sagen? Na klar hat er mich angerufen. Aber ich wollte es noch einmal von dir hören.“
„Hast du gedacht, ich erzähle dir was anderes als er?“
„Nein. Die Geschichte ist so schön, ich wollte sie eben zweimal hören.“
„Übrigens stimmt nicht, was du sagst. Wir haben uns nicht wochenlang angeschwiegen.“
„Sondern?“
„Er hat mich angerufen, einmal. Da hattet ihr Streit und er wollte wissen, ob du bei mir bist. Obwohl wir uns sehr gemeine Sachen an den Kopf geworfen hatten, ist er da über seinen Schatten gesprungen und hat nach dir gefragt. Ich glaube, das solltest du wissen.“
Ich erinnere mich dunkel; er hat es auch zu Mommi gesagt. Es war der Morgen nach Slobas Überfall. Wie lange das schon wieder her ist! … Ist es nicht. Das war in der selben Woche wie der Streit, und der ist mir nur endlos vorgekommen, weil sie halt meine besten Freunde sind.
hundertfünfundneunzigstes Kapitel
Am Mittwochvormittag ist Theodorus bei Miloš, nachmittags geben sich Zoran, Merle, Benji und Cokko die Klinke in die Hand und abends finde ich Platz in seinem ausgefüllten Besuchskalender. Er freut sich über jeden, der ihm die Zeit vertreibt, denn das Miteinander im Dreibettzimmer geht ihm zunehmend auf die Nerven.(357)
Weil er zwar alleine aufstehen darf, mit längeren Strecken aber noch Probleme hat, leihe ich einen Rollstuhl aus und wir verziehen uns nach draußen. Außerdem habe ich leckere Dinge aus meiner Küche mitgebracht, die ihn über das Krankenhausessen hinwegtrösten. Er bestellt nur noch Brot und Aufschnitt, weil die warmen Mahlzeiten nach nichts schmecken. Vielleicht sollte sich das VUmc mal nach einem neuen Küchenchef umsehen.
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