Als ich abends wieder in Zuyderkerk bin, fahre ich zu Merle. Sie ist zuhause.
„Jeremy! Es geht dir besser!“, sagt sie anstelle einer Begrüßung und umarmt mich.
„Frag mich doch mal, wie es unserem gemeinsamen Freund Miloš geht.“
Sie holt Luft, um etwas zu sagen und lässt sie dann ungenutzt entweichen.
„Wollt ihr euch nicht endlich vertragen?“
„Hat er dir gesagt, warum wir gestritten haben?“
„Nein. Er will, dass ihr wieder Freunde werdet, aber er sagt, er findet keinen Anfang.“(355)
„Hat er dir gesagt, dass du mir das sagen sollst?“
„Neijen! Er hat mir gar nichts aufgetragen für dich. Seit ihr den Streit habt, haben wir nicht über dich gesprochen, er hält mich da ganz raus. Genau wie du. Aber verstehst du, das macht es nicht einfacher für mich.“
Sie sagt nichts.
„Geh zu ihm hin. Hör dir seine Entschuldigung an. Sag ihm deine. Schließt Frieden.“
„Also, wenn ich ein kleines Mädchen wäre, würde ich dich ja fragen, ob du mitkommst.“
„Das denk ich mir. Aber du bist schon groß. Und wenn ich mit hinfahren würde, hättet ihr nur ein schlechtes Gewissen, weil ich die ganze Zeit auf dem Flur rumsitzen würde. Fahr zu ihm. Er freut sich, dich zu sehen.“
„Hat er das gesagt?“
Ich verdrehe die Augen. „Merle! Das muss er mir nicht sagen, ich kenne ihn! Und ich kenne dich! Ich weiß zufälligerweise, dass du auch lieber keinen Streit mehr mit ihm hättest.“
Sie guckt ertappt und nickt. Trotzdem: „Du willst nicht wissen, worum es eigentlich geht?“
„Nein, will ich nicht. Ich will, dass ihr wieder Freunde seid. Ich will mit meinen beiden besten Freunden Sachen unternehmen können, so wie früher. Schwimmen gehen, ins Restaurant, Kino und so weiter. Lachen, bis mir der Bauch weh tut. Und vor allem will ich wieder Musik machen.“
Sie seufzt tief. „Ich auch.“
„Treten wir beim Sommerfest auf?“
„Das liegt ja nicht nur an mir.“
„Das meine ich nicht. Wer kein Ziel hat, erreicht keins. Treten wir beim Sommerfest auf?“
„Was macht denn eigentlich Nieke? Hast du sie noch mal gesehen?“
„Ja, am Sonntagabend.“
„Ich dachte, du wärst Sonntag bei Miloš gewesen!“
„Ja. Und da hab ich sie getroffen. Sie war in der Gegend und hat mich abends abgeholt.“
„Hattet ihr euch verabredet?“
„Nein, sie ist einfach so gekommen.“
„Woher wusste sie denn, dass du da bist? Dich erreicht man doch nie.“
Nicht die Handy-Diskussion, bitte! „Wahrscheinlich hat sie Gott gefragt und der hat es ihr gesagt. Das Sommerfest hat sie übrigens seit Wochen im Kalender stehen, was aber nichts bringt, wenn die restliche Band nicht in die Puschen kommt.“
„Okay, dann sag ich, wir treten beim Sommerfest auf. Wo find ich ihn?“
„Frag an der Information, denn er wird vermutlich morgen von der Intensivstation auf eine andere Station verlegt werden.“
„Und wann kann ich hin?“
„Wie schnell willst du hin?“
Sie zögert auf einmal und ich schubse sie an: „Ich hab ihm versprochen, dass ich ihn jeden Tag besuchen komme, aber morgen fahr ich nicht hin. Deine Chance.“
Sie atmet tief durch. „Betest du für mich? Damit ich die richtigen Sachen sage?“
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