Er verdreht die Augen. „Du wirst nie locker lassen, he? Erschreckende Aussichten.“
„Und?“
Er gibt auf. „Wenn ich höre, dass du schlecht über ihn redest, knall ich dir eine.“
Aha. Kurz drauf dürfte sie schlecht über mich geredet haben. Warum hat er sich nun so geziert? Oder war es eine falsche Übersetzung? Das werde ich wohl nie herauskriegen, Nervensäge hin, Strafe her.(345)
Ich setze mich neben der Liege ins Gras und gucke in den Himmel. „Weißt du … ich frag mich seit gestern Abend, was sie die ganze Zeit getan hat, während wir zusammen waren. Ich meine – hat sie mich denn gar nicht kennen gelernt? Sie hätte doch wissen können, dass ich sie nicht betrüge.“
„Sie hat dich betrogen … ich fürchte, nicht nur einmal, und deswegen–“
„Wann denn?“, unterbreche ich.
„Nicht wichtig“, lenkt er ab. „Weil sie dich betrogen hat, geht sie davon aus, dass du es mit ihr genauso tust. Schließt du nie von dir auf andere?“
„Na klar, das macht wohl jeder Mensch. Aber bei mir das geht meist so: Ganz sicher sind die Leute auch so nette Menschen wie ich.“ Ich gebe das Buch zurück und verlasse meinen grasigen Sitzplatz, um von drinnen eine Bibel zu holen.
„Hast du wieder angefangen mit Bibellesen?“
„Nein. Hör zu.“ Ich lese Psalm 16 vor. „Das hat Nieke heute zum Frühstück vorgelesen. Vers zwei, „Du bist mein Herr; es gibt kein Glück für mich außer bei dir“ hat mich sehr nachdenklich gemacht.“
„In Bezug auf deine Beziehung.“
„Ja, auch.“ Ich lege die Bibel auf den Rand seiner Liege und schaue in den Himmel.
„Mein Lieblingsvers darin ist der sechste. „Die Messschnüre sind mir gefallen auf liebliches Land; ja, mein Erbteil gefällt mir“. Ganz praktisch. Dieses liebliche Land ist hier.“ Er sagt etwas serbisches.
„Was hast du gesagt?“
Er wiederholt es langsam und deutlich: „Мој Боже, мој пријатељ, моја земља.“(346)
„Mein dies, mein das, meine soundso“, übersetze ich lückenhaft.
Er lacht, „Den Kern der Sache hast du begriffen!“
Sehr witzig! „Sag bitte, was das heißt.“
„Mein Gott, mein Freund, meine Heimat. Das ist mein liebliches Land.“
„Du bist wirklich krass drauf. Erst verprügelst du deine Lieblingskusine und keine Viertelstunde später redest du über solche Sachen.“
„Du bist genauso krass drauf. Du machst mit meiner Lieblingskusine Schluss, nachdem du eine heiße Nacht mit einer schönen Frau hattest!“
„Es war keine heiße Nacht. Ich bin beim dritten Bier auf ihrem Sofa eingepennt, während sie mir was auf dem Klavier gespielt hat.“
Miloš prustet los. „Redet sie noch mit dir?“
„Ja. Sie hat es als Kompliment verstanden, dass ich ihre Musik mit in meinen Traum genommen habe.“
Er lacht immer noch. „Wenn sie wüsste, dass du dich nie an deine Träume erinnerst!“
hundertsechsundachtzigstes Kapitel
Seit Beginn unserer Kirchenversuchsreihe vor über einem Monat bin ich viermal in der Gemeinde in der VKR gewesen. Miloš kommt erst zum zweiten Mal mit. Wir sind früh dran, damit ich bei der Bandprobe mitmachen kann. Er setzt sich in eine der hinteren Reihen und hört zu.
Nach dem Gottesdienst stehen wir Bandleute(347) an der Bühne zusammen und Miloš ist auch dabei. Sammy hat eine Weile nur zugehört, jetzt fragt sie ihn: „Bist du krank?“
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