Und auch wegen solchen Sachen machst du mir Angst. „Jedenfalls ist es gut, dass sie dich treten wollte und nicht mich.“1
„Dich hätte sie erwischt, he? Mach dir nichts draus. Sei stattdessen froh, dass du nie solche Reflexe brauchtest.“
Bin ich. „Was hast du ihr gesagt?“
„Dass sie ein undankbares Weib ist und dass sie sich nicht mehr blicken lassen soll, bevor sie sich entschuldigt hat, und zwar nicht nur bei dir, sondern auch bei Nieke.“
„Wofür soll sie sich bei Nieke entschuldigen?“, frage ich überrascht. Ich hab ihm doch gar nichts erzählt?
„Wie gesagt war sie gestern Abend hier. Ich vermute, dass sie euch kurz zuvor eine Szene bereitet hat und ich bin sicher, dass diese Szene ungerechtfertigt gewesen ist. Und wie ich sie kenne, ist jetzt eine Entschuldigung angebracht.“
„Du redest wie aus dem Niederländisch-Lehrbuch.“ Bereitet! Bei ihm kriegt keiner was und es wird auch nichts gemacht, wenn er die Ruhe hat, seine Sätze ordentlich zu formulieren.
„Danke für das Kompliment. Habe ich recht?“
„Sicher“, grinse ich. „Übrigens: was war der dritte Punkt?“
„Welcher dritte Punkt?“
„Der dritte Punkt in deiner Aufzählung.“
„Es gab keinen dritten Punkt.“
„Na hör mal. Wenn du eine Aufzählung machst und die geht vom Daumen bis zum Mittelfinger, wird es doch wohl einen dritten Punkt geben!“
„Möglich.“
„Und was hast du als drittes gesagt?“
„Auch so was in der Art.“
„Sag schon.“
„Nein.“ Er geht wieder nach draußen. Weil die Terrasse gleich im Schatten ist, zieht er seinen Liegestuhl neben die Hecke ans Ende unseres Gartens. Da scheint die Sonne am längsten.
Ich folge ihm. „Sag mir den dritten Punkt!“
Er legt sich hin. „Geh doch zu Bibi und frag sie, ob sie noch mehr Eiskaffee hat. Und bring mir einen mit, meine Tasse steht da hinten am Haus.“
„Miloš! Was war der dritte Punkt?“
Er schirmt die Sonne mit seinem aufgeschlagenen Buch ab. „Wirst du mich den ganzen Tag nerven, bis ich es sage?“
„Ja.“
„Manchmal machst du mir Angst.“
„Das ist die ausgleichende Gerechtigkeit. Nun sag schon.“
Er lässt das Buch auf sein Gesicht fallen. Zum Glück ist es dünn, da sind keine Verletzungen zu befürchten.
„Huhu“, erinnere ich ihn an meine Anwesenheit.
Er seufzt tief.
Ich nehme ihm das Buch weg. „Was war der dritte Punkt?“
Er seufzt noch tiefer. „Du bist eine Strafe und eine Nervensäge. Ich frage mich, warum ich überhaupt Zeit mit dir verbringe.“
„Du würdest gar nicht klar kommen ohne mich und außerdem wäre dir immer total langweilig und Streitkultur hättest du auch nicht, und keine sauberen Klamotten, weil du nicht mit der Waschmaschine umgehen kannst und kochen kannst du bekanntlich auch nicht, also würdest du verhungern oder dich schrecklich ungesund ernähren.“
„Und was ein Kettensatz ist, wüsste ich auch nicht.“
„Ich kann auch ganz kurze Sätze machen. Willst du einen hören?“, tarne ich meine Fallgrube mit Zweigen der Freundlichkeit.
„Ja. Leg los.“
Ha, reingefallen! „Sag mir den dritten Punkt.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen