13. Juni 2016

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Siehste. Sie kennt den Namen der Farbe. Ich lehne mich gegen eine Abteilwand, knöpfe das Hemd zu und binde die schwarze um, die ich von meinem Mitbewohner ausgeliehen habe. Er hat tatsächlich so getan, als könne er meine Aufregung nicht nachvollziehen. Wahrscheinlich ist er bloß neidisch. Prüfend betrachte ich mich in einer spiegelnden Scheibe. „Mist. Schief.“
„Darf ich?“
Ich mache eine einladende Handbewegung.
Sie löst den Knoten und schlingt einen neuen.
„Das kann nicht mal der Miloš so schön, und der würde mir nie helfen.“
„Dann habe ich einen guten Tipp für dich: lockere den Schlips und zieh ihn über den Kopf, dann musst du nicht jedes Mal neu knoten.“
Okay, beim nächsten Treffen bringe ich alle meine Schlipse mit … das wird überhaupt nicht auffallen! „Danke. Woher kannst du so was?“
„Ich habe zwei Brüder.“
„Das ist kein Argument. Ich habe vier Brüder und kann es nicht.“ Dabei fällt mir ein, dass ich nicht bis zum nächsten Treffen warten muss: ich habe ja noch einen Schlips dabei! Der noch dazu mir gehört und nicht geliehen ist! Ich gebe ihr den grünen, „Kannst du mir da auch so einen schönen Knoten rein machen?“
Sie lacht. „Dann musst du ihn aber um den Hals legen.“
Ich tue es. „Der Trend geht ohnehin immer mehr zum Zweitschlips.“
Sie lacht noch mehr und knotet. „Du hast eine tolle Farbe ausgesucht.“
„Nee, das war mein Berater in stilistischen Fragen. Ich hab mir den fliederroten ausgesucht. Jaja, die Farbe heißt bestimmt anders, aber sags nicht. Lass mir ein paar Illusionen.“
Sie lacht immer noch. „Was sagt denn dein Berater in stilistischen Fragen zu deiner Orange-und-Grün-Vorliebe?“
Ich glaube, das hier wird ein ausgesprochen lustiger Abend. Genau das, was ich brauche. „Bis jetzt hat er noch gar nichts dazu gesagt. Falls du fragen willst: er ist nicht farbenblind.“

„De Gouden Eeuw“ ist nicht die erste Adresse von Alkmaar, ich wollte Nieke nicht ruinieren, aber die Küche hat einen hervorragenden Ruf. Früher hat das Restaurant zwei Michelin-Sterne gehabt, aber der Besitzer hat sich nicht neu darum beworben, weil die Ansprüche der Gäste ins Unermessliche stiegen.
Im Eingangsbereich stehen schon an die zehn Personen herum und warten auf einen freien Tisch. Meine Dame des Abends löst ein Raunen aus, das mein Herz höher schlagen lässt. Ich glaube, ich will nur noch mit so einer schönen Frau ausgehen. Dieses Raunen ist mir wertvoller als alle Pfiffe, die Sloba je mit ihren knappen Outfits erreicht hat. Und überhaupt – mit ihr könnte ich mich nicht hierher trauen, sie würde den Kellner um Curryketschup fragen!!
Ein Angestellter des Restaurants heißt uns willkommen und ich sage ihm, dass ich einen Tisch für zwei Personen reserviert habe. Er führt uns an den Wartenden vorbei und ich bemerke, dass man uns nachguckt! Die denken bestimmt, dass wir ein Paar sind, das was zu feiern hat, dabei habe ich ja nur eine Wette gewonnen.

Als wir sitzen und der Angestellte die Getränkekarte holt, sage ich leise: „Ich muss dich vorwarnen. So wahnsinnig kultiviert bin ich leider nicht. Keine Ahnung, welchen Wein man wozu trinkt und welches Messer wo liegt und so.“
„Dann lass mich das machen. Du schließt dich mir einfach an.“
Wir ordern Mineralwasser, essen amuse gueules und studieren die Speisekarte. Natürlich ist alles in französisch – und natürlich spricht sie die Sprache einwandfrei und übersetzt mir alles. Dann bestellen wir, sie fachsimpelt mit dem Kellner über den richtigen Wein, das Essen kommt (es ist saulecker) und wir haben eine wunderbare Zeit. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so viel gelacht habe.

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