Ich betrete Dodos Zimmer, das mir wie schon beim ersten Besuch eine vorübergehende Bleibe bietet. Miloš sitzt auf dem Bett.
„Was machst du denn hier?“, knurrt er.
„Das ist die falsche Frage. Was machst du hier? Dein Zimmer ist eine Tür weiter.“
„Es ist Fifis Zimmer, nicht meins.“
„Verschon mich mit deinen Spitzfindigkeiten!“
„Musst du gerade sagen, Herr Oberspitzfindig!“
„Dragan hat übrigens recht, aber das weißt du sicher selbst. Es steht dir nicht zu, so hart mit ihr umzugehen. Du solltest dich entschuldigen.“
Er guckt mich seltsam an. „Hast du etwa verstanden, was wir geredet haben?“
„Wie man einen ausländischen Film ohne Untertitel versteht: aus dem Zusammenhang.“
Er brummt etwas.
„Und hast du bemerkt, ich fordere dich nicht auf, ihr zu sagen, was mit dir los ist. Wir haben inzwischen alle begriffen, dass du ein Geheimnis draus machen willst. Mach so viel Geheimnis draus, wie du willst. Aber benimm dich bitte nicht wie ein Kleinkind.“
„Sagt einer, den Helena den größten Fünfjährigen der Welt nennt.“
„Willst du nach Hause laufen?“
„Oh, ein erstklassiges Druckmittel“, spottet er, und grunzt: „Lächerlich.“
„Jetzt pass mal gut auf. Ich muss mir das hier nicht bieten lassen! Bloß dass dir wieder eine Laus über die Leber gelaufen ist, gibt dir nicht das Recht, so unhöflich und dreist mit den Leuten umzugehen! Nebenbei wollen wir dir nichts Böses. Aber du führst dich auf, als wollten wir dir ans Bein pissen! Weißt du was, verschwinde aus meinem Zimmer!“ Zum Ende hin bin ich immer lauter geworden.(325)
„Es ist ja gar nicht deins, es gehört–“
„RAUS!!“
Tja, und was will ich jetzt hier oben? Weshalb war ich rauf gegangen? Wahrscheinlich hatte ich die Hoffnung, meine Anwesenheit könnte ihn zur Einsicht bringen. Das ist gründlich misslungen! Ich gehe wieder runter, nehme die Postkarten vom Tisch und bringe sie zum nächsten Briefkasten. Als ich zurück im Hof bin, sieht der Liegestuhl auf einmal sehr bequem aus; ich plumpse hinein und lasse mir die Sonne auf den Pelz brennen.
Etwas berührt meinen Arm, dadurch wache ich auf. Ich drehe mich auf die Seite, damit mir die Sonne nicht in die Augen scheint und mache selbige auf. Und gucke Miloš ins Gesicht.
Er hockt neben der Liege auf dem Boden. „Du solltest nicht in der Sonne schlafen“, sagt er. „Die ist hier schon im Mai stärker als zuhause.“
„Ich wollte gar nicht einschlafen. Danke fürs Wecken.“
„Verzeihst du mir?“
„Ja.“
„Und verzeihst du mir auch das mit dem Fünfjährigen?“
„Zähl bitte nicht jedes Wort einzeln auf, das ich dir verzeihen soll.“
Er guckt zerknirscht. „Ich dachte nur … es tat mir leid, gleich als ich es gesagt hatte. Weil Helena dich damit immer–“
„Aus!“, unterbreche ich ihn. „Was war denn los, wenn man mal fragen darf?“
Er hebt die Schultern.
hundertsiebenundsiebzigstes Kapitel
Bei Wiedereintritt ins niederländische Mobilfunknetz haben wir uns mit Sloba verabredet, damit sie zuhause ist und ihre Sachen in Empfang nimmt. Nun stehen wir in Hoorn vor der WG und sie ist nicht da. Und an ihr Handy geht sie auch nicht dran. Leider sind nicht mal Katy oder Gianna anwesend. Was machen wir jetzt mit dem Kram? Wir können ihn ja nicht vorm Haus abstellen!
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