Miloš und ich sind auch ausgestiegen. Es ist den ganzen Tag sonnig warm gewesen und jetzt senkt sich ein milder Frühlingsabend herab.
„Ich bin schon gespannt auf Peckovar im Frühling“, sage ich. „Schade, dass Sloba nicht mitkommen konnte.“
Von Miloš kommt ein seltsames Geräusch, ich schaue zu ihm hin. Er ist kreidebleich und hält mit beiden Händen die Reling auf dem Autodach umklammert. Ach du Scheiße, kippt er als nächstes um?!
Ich helfe ihm, sich zwischen den Autos auf den Boden zu legen. Dann nehme ich seine Füße und halte sie hoch. Die Gesichtsfarbe bessert sich schnell. Puh.
Trotzdem sage ich: „Gib mir den Schlüssel. Ich fahre weiter.“
„Du kannst das doch gar nicht.“
„Sag du mir nicht, was ich kann und was nicht.“
„Aber du bist kein guter Autofahrer.“
„Dann lerne ich es eben. Gib den Schlüssel her.“ Fordernd halte ich die Hand auf.
„Hast du überhaupt deinen Führerschein dabei?“
„Na sicher.“
„Warum nimmst du den Führerschein mit, wenn wir nach Peckovar fahren? Im Februar bin ich die ganze Strecke alleine gefahren!“
„Im Februar hatte ich ihn auch nicht mitgenommen. Aber jetzt hast du zwei harte Wochen hinter dir und es hätte ja sein können, dass du mich freiwillig ans Steuer lässt, vielleicht, weil du müde wirst.“
„Aha“, brummt er und gibt mir endlich den Autoschlüssel. „Dann können wir also gleich zurück tauschen.“
„Möglich.“ Weil die beiden Jungs aus dem Rasthof kommen, helfe ich ihm in die Senkrechte und er geht ums Auto herum. Ich setze mich ans Steuer und stelle den Sitz nach hinten.
„Heh!“, empört Tobias sich, weil er auf einmal keinen Platz mehr hat für seine langen Beine, „Das geht so nicht!“
„Doch, das geht. Denk dir eine Lösung aus.“
Er steigt aus und auf der anderen Seite des Fahrzeugs wieder ein. Sein Bruder rutscht auf den Sitz hinter meinem und Tobias erklärt Miloš ohne gemeinsame Sprache, dass er ein bisschen nach vorne rücken soll mit seinem Sitz.
Ich starte das Fahrzeug und auf einmal wird mir sehr mulmig. Wie viele Jahre ist es her, dass ich zuletzt Autobahn gefahren bin? Und das war nicht diese extrem viel befahrene Strecke! Jesus, hilf mir … vor allem beim Einfädeln. Und ich muss mindestens 100 km/h fahren, damit die LKWs mich nicht überholen müssen. Aber auch nicht schneller, sonst muss ich die überholen. Aber erst mal aus dieser Parklücke heraus. Verflixt, wo ist der Rückwärtsgang?
„Vorne links“, sagt Miloš.
„Hab ich gesagt, dass ich Hilfe brauche?“
„Kupplung ganz durchtreten. Und hier“, er legt seine Hand auf meine auf den Schaltknüppel, „ist eine Arretierung. Hochziehen und nach links vorne schieben. Das ist ganz leichtgängig, hast du gemerkt? Jetzt die Kupplung kommen lassen. Langsam. Gut so. Den Ring brauchst du nur für den Rückwärtsgang.“
„Ich weiß ja nicht, wie das in Holland ist“, bemerkt Tobias, „aber hier in Deutschland kann man nicht einfach so mit Autofahren anfangen. Da braucht man erst Fahrstunden und muss einen Führerschein machen.“
„In Holland ist es genauso und ich habe einen Führerschein, ich kenne nur dieses Auto nicht“, gebe ich frostig zurück. Grünschnabel.
In Schrittgeschwindigkeit(320) schleiche ich über den Parkplatz und plötzlich ist die Autobahn schon neben uns, nur durch eine Leitplanke getrennt.
„Schneller“, sagt Miloš.
Ich gebe Gas.
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