„Hast du Angst um meine Unschuld? Ich sehe nichts, was ich nicht schon kenne.“
„Kannst du bitte draußen warten?“, wiederhole ich schon nicht mehr ganz so gelassen.
„Aber warum denn?“
„Weil ich in Ruhe zu Ende kacken will, ohne dass jemand sonst im gleichen Raum ist!!“, schnauze ich sie an.
Sie lacht, „Reg dich doch nicht immer so auf!“ und geht raus.
Ich hasse, dass sie ständig grobe Worte braucht und dann bloß lacht. Sie könnte ja wenigstens eingeschüchtert sein. So wie Nieke nach unserem Spaß-Krach vor dem Auftritt im Coec.
Schon wieder an Nieke gedacht.
Passiert da was zwischen uns, von dem ich noch nichts weiß?
Nein, da passiert nichts. Sie ist nicht mein Typ. Äußerlich schon, aber sie ist so wahnsinnig strukturiert und ordentlich und auch zu still für mich.(308)
Sandrine ist die Kollegin, die ihn mittags im Brotladen ablöst, und die wir jetzt in unsere Urlaubsplanung einbeziehen müssen. Weil sie ihr Auto bei der Arbeit nicht braucht, leiht sie es Miloš. Mit diesem Fahrzeug holt er uns um halb zwei zuhause ab. In Hoorn tragen wir Slobas Sachen in die WG, Katy und Gianna tischen Kaffee und Kuchen auf und Sloba zusätzlich eine Abschiedsszene, als würden wir uns wochenlang nicht sehen. Danach bringen wir das Auto zurück nach Barenkarspel und fahren auf Miloš’ Fahrrad heim.
Er schließt die Tür hinter uns und sinkt schnaufend dagegen, als gälte es, feindliche Horden (oder Sloba) an der Erstürmung unserer Bleibe zu hindern. „Willkommen im eigenen Zuhause. Ich habe wieder ein Zimmer für mich alleine.“
Ich habe wieder ein Bett und eine Privatsphäre und meine Haut für mich alleine, vom Zimmer will ich da gar nicht reden. Ach, insgesamt will ich nicht drüber reden.
Ich mache uns Gemüse-Tofu-Lasagne zum Abendessen.
Der Mitbewohner ist nach oben gegangen, aber jetzt kehrt er in die Küche zurück und hat etwas mit der britischen Königin gemeinsam: er ist not amused. „Sie hat geraucht! In meinem Zimmer!“, beklagt er sich.
„Stell ein Schälchen Essig hin, das vertreibt den Geruch“, sage ich.
„Wieso weißt du so viele Tricks für und gegen alles, Flecken, Gerüche, Krankheiten?“
Ich winke ab. „Grietje hat es mir geraten.“
„Trotzdem hast du viele Tricks für und gegen alles. Warum hast du sie danach gefragt?“
„Sloba hat nicht nur bei dir geraucht.“
„Raucher sind doof.“
„Welcher Teilnehmer dieser WG hat bis letzten Sommer geraucht und ist demnach auch doof, vor allem, weil er auch Sachen geraucht hat, die noch viel mehr stinken?“ Ich lasse ihm keine Zeit für eine Antwort, „Nimm vom Balsamico, der ist nicht so teuer.“
Er füllt ein Schüsselchen und zieht ab nach oben.
Beim Essen fragt er: „Tun wir heute noch irgendwas?“
„Von mir aus nicht.“
„Okay. Dann gehe ich in den Proberaum.“
„Ich war übrigens gestern trommeln.“
„Ich weiß“, grinst er, „schließlich hat es sehr lange gedauert und Merle war nicht zuhause. Aber was mir gerade einfällt – ich könnte ja auch hier Bass spielen.“
„Willst du den Verstärker dann jedes Mal hin und her fahren?“
„Nein, nur den Bass. Ich habe doch noch das Verstärkerchen, das brauche ich sonst nicht mehr. Das kann hier bleiben. Oder willst du Ruhe?“
„Nö. Mach nur.“
Er schnauft aus. „Das hat mir gefehlt.“
„Was hat dir gefehlt?“
„Dein phlegmatisches Nö.“
„Was soll denn das sein?“
„Du sagst das nur, wenn es dir so und so recht ist. Seit Sloba hier ist, hatte ich es nicht mehr gehört. Da hast du immer Nein gesagt, unterschiedlich laut.“
Na klar. Phlegmatische Wörter, die meinen Stimmungszustand definieren. Mein lieber Herr Sprachwissenschaftler, willst du jetzt auch noch Psychologe werden?
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