2. Juni 2016

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Das Lachen vergeht ihr. „Ja, ich wollte … aber es ist schlecht, einem Mann so etwas zu sagen. Es war dumm von mir“, entschuldigt sie sich eilig, „Verzeih.“
Merle jedoch grinst. „Für mich klang es mächtig nach einem Kompliment. Und wenn „Frauentyp“ zu meinem Wortschatz gehören würde, hätte ich dich längst mal so genannt.“
Au weia! Jetzt gehts aber los!
„Außerdem“, setzt sie nach, „guck dich um: woran liegts, dass du der einzige Kerl bist, der hier mit drei Weibern sitzt?“
„Sag’s mir, vielleicht lern ich noch was über ihn“, lacht Sloba.
„Er kann halt gut mit Frauen, und es macht Spaß, Zeit mit ihm zu verbringen“, beginnt Merle die Aufzählung.
Nieke nimmt auch wieder teil am Gespräch. „Wenn er gut drauf ist, sagt er dir lauter nette Komplimente.“
„Und wenn er schlecht drauf ist, was tatsächlich vorkommen kann, kriegst du trotzdem keine dummen Bemerkungen über deinen Hormonspiegel oder so Sachen. Er ist übrigens zu allen Frauen nett, denk dir nichts, wenn er mal einer anderen Frau außer dir was nettes sagt“, schiebt Merle ein. „Er ist treu.“
„Woher weißt du das, hattet ihr mal was miteinander?“, will Sloba wissen.
„Nein, aber ich kenne ihn.“ Damit steht meine beste Freundin von ihrem Stuhl auf und knutscht mich auf die Wange.
„Finger weg!“, protestiert Sloba, aber Merle lacht nur.
Nieke ist auch noch was eingefallen: „Und wenn man mit ihm wettet, geht es nicht um Fußballbildchen oder einen Kasten Bier, sondern um einen Restaurantbesuch!“
„Wann habt ihr denn das gewettet?“, fragt Merle neugierig.
„Auf der Hochzeit von Zoran und Lisanne.“
„Und worum ging es?“
Nieke wird verlegen. „Ist doch egal, jedenfalls hat er gewonnen.“
„Worum ging es?“, erkundigt Sloba sich bei mir.
„Ist doch egal, Hauptsache, ich habe gewonnen!“
„Sag doch mal!“, bohrt sie nach.
„Neijen!“, leiere ich. Ich will Nieke nicht bloßstellen, auch wenn ich nicht verstehe, warum ihr das auf einmal unangenehm ist. Leider ist es in Slobas Wahrnehmung nämlich so, dass Nieke eine gefährliche Konkurrentin ist. Die will sie sich vom Leib halten – vor allem will sie sie mir vom Leib halten. Mit allen Mitteln. Das war mir schon klar, als die beiden das erste Mal aufeinander getroffen sind. Merle, mit der ich sehr viel mehr Zeit verbringe, ist keine Konkurrenz. Nicht mal, wenn sie mich in aller Öffentlichkeit knutscht. Grund: sie ist dick. Diese Oberflächlichkeit ärgert mich maßlos.
Meine liebe Merle kennt mich gut genug, um gelegentlich ein paar Gedanken lesen zu können. „Wo seid ihr hingegangen?“, lenkt sie interessiert ab.
Danke! „Bis jetzt noch gar nicht. Es gibt Hindernisse. Wir suchen zum Beispiel noch nach einem Termin. Und dem richtigen Restaurant.“
„Da hab ich ein paar heiße Tipps für euch“, unterbricht sie.
„Vor allem warten wir auf gutes Wetter, wir wollen ja nicht in Gummistiefeln hin.“
„Wobei das Charme hätte“, lacht sie und stößt Nieke an, „Stell dir vor, du trägst das kleine Schwarze und dazu geblümte Gummistiefel! So setzt man Trends!“
„Soso“, macht Sloba, die immer mehr zu Hindernis Nummer eins wird. „Du gehst also mit anderen Frauen essen.“
„Solange ich nur mit ihnen essen gehe, besteht kein Grund zur Aufregung. Außerdem muss ich das tun, ich bin ein Frauentyp.“
„Eine brillante Ausrede für fast alles“, kichert Merle.
Unauffällig schiebe ich Slobas Hand beiseite. Ich muss mich sehr zusammenreißen. Sie heizt mir unglaublich ein, auch wenn sie ihre zierlichen Fingerchen gerade mal bei sich behält. Deswegen ist mir diese Plauderrunde voller Nebensächlichkeiten eine äußerst willkommene Atempause. Seit gestern Nachmittag nimmt die Spannung zwischen uns immer mehr zu. Leider bin ich nach wie vor zu keinem Ergebnis bezüglich der soliden Basis gekommen. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Soll ich sie auf Abstand halten? Das kann ich nicht. Soll ich mich ihr hingeben? Das will ich nicht.

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