„Aber ich habe mich nicht getraut, das Handy anzuschalten, weil Bernd mich schon mal damit geortet hat. Was glaubst du eigentlich, was ich da mache? Glaubst du, dass ich aus Spaß quer durch Europa flüchte?!“
„Könnt ihr bitte morgen weiter streiten?“, ruft Miloš von unten.
„Sorry“, rufe ich zurück.
„Was will er?“, will sie wissen.
„Schlafen. Ich übrigens auch. Wir alle sind hundemüde, was dieser nutzlose Dialog beweist. Morgen sind wir alle ausgeruht und können normal miteinander reden. Okay?“
Sie nickt. „Freust du dich denn wenigstens ein bisschen, dass ich hier bin?“
„Ich freue mich nicht ein bisschen, sondern sehr.“ Ich küsse sie zum Abschied und sehe ihr zu, wie sie im neu ernannten Gästezimmer verschwindet.
Am nächsten Morgen liegt sie neben mir. Keine Ahnung, wann sie unter meine Decke geschlüpft ist, aber ich glaube, dass es gut war, dass ich entgegen der Angewohnheit in der Shorts geschlafen habe. Das werde ich wohl noch eine Weile weiter tun.
Eilig schalte ich den Wecker aus und schleiche mit meinen Sachen aus dem Zimmer. Immerhin muss ich unten nicht auch noch besonders leise sein; Miloš ist schon weg.
Für den Nachmittag bin ich mit Fiene verabredet. Es wird das letzte Mal sein(294), denn da ich nicht mehr in die Kirche gehe, sehe ich keinen Sinn, weiter dort zu putzen. Es tut mir leid, ausgerechnet die drei Personen, die mich am freundlichsten behandelt haben, auf ihrer mühseligen Arbeit sitzen zu lassen.
Aber Miloš hat recht. Ich muss meinen Umgang mit mir selber ändern. Lernen, mich so zu lieben, wie ich auch den Nächsten liebe. Und fremde Klos zu putzen hat nichts mit Platz erobern zu tun. So sehen Gottes Herausforderungen an mich nicht aus, schließlich liebt er mich und will mein Bestes.
Ich weiß nicht, wie ich das verwechseln konnte.
hundertvierundsechzigstes Kapitel
Als wir in Amsterdam ankommen, haben Merle und Miloš Nieke schon mit David Kuiper bekannt gemacht, ihr das Gebäude gezeigt und dabei unseren Lagerraum gefunden, der zugleich auch unsere Künstlergarderobe sein wird. Es gibt nur zwei Schlüssel, Merle bekommt den einen und ich den anderen. Damit er nicht verloren geht, befestige ich ihn an einem Stück Kordel, das Merle mir gibt, und das andere Ende knote ich an meine Hose.
Ich muss sie immerzu anschauen. Sie ist wunderschön und es ist mir ganz egal, dass das alle Anwesenden sehen können; man braucht nicht viel Fantasie. Viele Männer drehen sich nach ihr um, aber ich weiß: sie ist nur wegen mir hier.
Weil bisher keine Zeit für ein Mittagessen gewesen ist, lassen wir uns an einem Imbissstand im Foyer nieder. Nach wenigen Minuten gesellen sich Merle und Nieke zu uns und wir reden alle vier deutsch miteinander.(295)
„Wo ist denn der Miloš?“, will ich wissen.
„Ist dir mal aufgefallen, dass du immer der Miloš sagst?“, grinst Merle.
„Na ja, er ist halt ein Kerl, da kann ich das doch sagen?“
„Eben, jeder kann es sehen. Da muss man vor den Namen nicht noch ein der setzen. Deine Frage könnte durchaus lauten „Wo ist denn Miloš?“ und jeder würde es verstehen.“
„Es versteht auch jeder, wenn ich der Miloš sage. Also, wo isser?“
„Der hängt mit den Yugos rum“, sagt Nieke.
„Na Moment mal“, beschwert Sloba sich, „Ich bin auch ein Yugo.“
„Aber du hängst mit uns zusammen mit dem Frauentyp rum“, lacht sie.
Stirnrunzelnd frage ich: „Frauentyp? Soll das ein Kompliment sein?“
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