„Sehr gut.“
Er nimmt den winzigen Stift und das zerfledderte Heft aus der Tasche. „In Merles Familie werden die Paare gemeinsam benannt. Bei uns ist das anders. Da bekommen alle einen oder mehrere neue Namen. Das ist dein neuer Name.“ Er schreibt.
„Tepomnko“, lese ich.(267) Er schreibt noch ein Wort. „In lateinischen Buchstaben ist es einfacher.“
„Derominko.“
„Nein, das ist kein d, guck, es hat diesen Strich. Dj spricht man es. Đerominko.“
„Aber es gibt doch viele Namen mit j, warum brauche ich diesen komischen Buchstaben?“
„Erstens ist das đ nicht komisch und zweitens wird das j bei uns nur wie in ja gesprochen.“
„Warum kann ich mein j vorne nicht behalten?“
„Weil Đerominko kein j vorne hat. Es ist der Name meiner Familie für dich. Jeremy und Đerominko klingen vorne beide gleich, deswegen müssen sie aber nicht auch noch gleich geschrieben werden.“
„Tolle Logik.“ Ich lasse das neue Wissen ein Stückchen sacken. Dabei stößt es einen Gedanken an. „Wenn Djamila von hier käme, hätte sie das đ auch?“
Miloš verdreht die Augen und schnaubt laut. „Man hätte damals nicht mir das Lexikon schenken sollen, damit ich weniger Fragen habe, sondern dir! Es ist egal, woher sie kommt, ihr Name ist nicht slawisch. Du hast einen englischen Vornamen, bist du Engländer?“
„Du hast ein Lexikon geschenkt bekommen, damit du weniger Fragen hast?“, greife ich das sofort auf.
Er verdreht die Augen noch mehr. „Ja. Und, hat es geholfen? Nein, ich habe es durchgelesen und den Leuten danach noch mehr Löcher in die Bäuche gefragt.“
„Du hast ein ganzes Lexikon durchgelesen?“
„Ja. Mehrmals.“
„Und wer ist auf die Idee gekommen?“
„Welche Idee, die mit dem Lexikon oder die mit deinem neuen Namen?“
„Beides.“
„Dijana.“
„Ach … eben hat sie mich mit Jeremy begrüßt.“
„Vielleicht war sie nicht sicher, ob du das magst. Manche Leute mögen keine Spitznamen. Sie hat mich nämlich gefragt und ich wusste keinen von dir. Außer Jimmi, aber das sagt ja nur Amalia, das habe ich nicht weitergegeben.“
„Danke, Milodinko.“
„So weit bist du also schon gekommen.“ Er schneidet sich ein Stück Käse ab und isst es auf.
Ich trinke meine Tasse leer. „Hast du gleich was vor?“
Er hebt die Schultern. „Sloba hat Andeutungen gemacht … aber wenn du was anderes machen willst … warum?“
„Ich verstehe Zoran jetzt.“
„Hast du über Nacht kroatisch gelernt?“, wundert er sich.
„Nein. Aber ich verstehe, warum er mit dir so redet. Ich habe vorgestern und gestern viel deutsch geredet und gestern auch englisch mit Bogi und bei allen anderen serbisch gehört. In meinem Kopf ist fast Durchzug, ich kapiere nicht mehr viel.“(268)
„Du brauchst niederländische Wörter.“
„Jep.“
„Gut. Dann bleibt Sloba hier. Sie wird sich nicht langweilen, sie kann in der Küche helfen.“
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