„Es reicht, wenn ich ausweiche bei komischen Fragen, das musst du nicht nachmachen. Wir haben drüber geredet, warum ich vorspiele, ein cooler Typ zu sein. Jetzt frage ich dich: Warum bist du schüchtern?“
„Weil ich nicht vorspiele, ein cooler Typ zu sein.“
„Das ist Blödsinn. Du hast überhaupt keinen Grund, schüchtern zu sein. Du siehst gut aus, bist sehr vielseitig – du kannst segeln, trommeln, kochen, Möbel bauen, zuhören, Rat geben und so weiter. Und ich wette, dass du mit acht nicht allein an deinem Tisch gesessen hast.“
„Pieter und ich waren mit zwei anderen Jungs an einem Vierertisch.“
„Siehst du. Warum denkst du immer, es wäre nicht genug?“
„Das ist ja gar nicht so.“
„Doch. Ist es. Und sei mal ehrlich mit mir, ich war eben auch ehrlich.“
Ehrlich hin oder her, ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Miloš lässt die Pause immer länger werden, aber weil von mir nichts kommt, sagt er schließlich: „Theodorus hat mir gesagt, dass die meisten Probleme, die man so in seiner Persönlichkeit hat, immer nur mit einer Frage zusammen hängen: Was denkt Jesus über mich? Welche Identität hat er mir gegeben? Und wenn man die Frage geklärt hat, sind die anderen Fragen gar nicht mehr wichtig.“
Identität. Da ist es wieder. Theodorus’ großes Thema. Miloš’ großes Thema. „Hat er dir das zu einem von deinen Problemen gesagt oder über mich?“
„Warum sollte er mit mir über dich reden?“
„Ich mein ja nur.“
„Und wie kommst du überhaupt darauf?“
„Er hat mir neulich fast das Gleiche gesagt. Ich habe ihn nämlich gefragt, warum ich immer so unsicher bin.“
„Och“, macht er erstaunt, „Wo hast du Theodorus denn getroffen?“
Verplappert. „In Hoorn. Vor allem weil ich ja angeblich einen starken Willen habe, wegen dem Willem. Da ist es seltsam, dass ich bei Entscheidungen so unsicher bin und was Leute über mich denken und so.“
„Und, hast du schon angefangen, nach der Antwort zu suchen?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Ich war sauer auf ihn.“
Miloš lacht, „Warum denn das?“
„Weil er mich so abgefertigt hat. Bei Mommi und als wir beide bei ihm waren, war er ganz freundlich und dann auf einmal hat er sich gar nicht um mich gekümmert.“
„Du solltest niemals bei ihm zur Seelsorge gehen, wenn du ihm schon so eine Kleinigkeit übel nimmst.“
„Warum?“
„Die Stunden bei ihm sind unglaublich anstrengend. Danach habe ich Kohldampf, als wäre ich quer durchs IJsselmeer geschwommen. Deswegen war Amalias Tipp wahnsinnig gut, die Seelsorge auf Mittwochmorgen zu legen. Die erste Lektion, die er mir beigebracht hat, war die: wenn ich zu ihm komme, habe ich keine Rechte mehr. Ich komme freiwillig und das einzige Recht, das ich habe, ist zu gehen. Aber dann muss ich nicht mehr wiederkommen.“
„Versteh ich nicht.“
„Nicht das Recht, ausreden zu dürfen. Nicht das Recht, dass er meinen Gedanken zuhören muss. Nicht das Recht, dass ich Gott verstehen will, nicht das Recht, über meinen Vater zu urteilen, auch wenn der schlecht mit mir umgegangen ist. Das ist sehr hart. Und ich bin es nicht gewöhnt mich zu unterwerfen.“
„Aber warum geht er so gemein mit dir um?“
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