Lotte unterbricht die Unterhaltung, indem sie mich von hinten anstupst. „Beim nächsten Rastplatz müsste ich mal raus.“
„Hättest du das nicht vorhin erledigen können?“
„Typisch Mann. Außerdem ist dieses „vorhin“ eine Stunde her.“
Sind wir schon eine ganze Stunde unterwegs? Wow, das ist seit Essen das erste Mal, dass wir nicht alle paar Kilometer in einen Stau geraten! „Pinkelpause“, melde ich an.
„Jep“, macht er. „Wann machen wir übrigens Mittagspause?“, fragt er mich und wiederholt das gleich noch einmal auf Slowenisch. Ich gebe die Frage auf deutsch weiter.
Nach kurzer Zeit haben wir folgendes Stimmungsbild: Jožef ist es egal, er hat vorhin noch was an der Raststätte gegessen und bis Nürnberg, wo er uns verlässt, ist es ja nicht mehr weit. Lotte hat zwar Hunger, kann aber auch im Auto essen, sie hat Butterbrote dabei. Ich halte es wohl noch aus bis Nürnberg, wenn das tatsächlich nicht mehr so weit ist. Und Miloš sagt, das wir dann also in Nürnberg Halt machen, denn bis dahin haben wir noch anderthalb Stunden Weg, wenn wir weiter so gut durchkommen.
Nach besagten anderthalb Stunden halten wir an einer Straßenbahnhaltestelle in Autobahnnähe und Jožef zahlt sein Fahrtgeld, nimmt sein Köfferchen und verabschiedet sich.
„Wo steigt der nächste zu?“, will ich wissen.
„An dem Autohof, zu dem wir jetzt fahren, um dort Pause zu machen. Es ist Charly, deutsch und englisch, und er will nach Salzburg. Wir nehmen ihn mit bis Passau oder Linz, das wusste er gestern noch nicht, als ich zuletzt die Emails gelesen habe.“
„Danke für die ausgesprochen ausführlichen Informationen. Scheint so, dass du ziemlich viel deutsch verstehst.“
„Nein. Die Emails hat mir eine Verkäuferin in Barenkarspel übersetzt und die Antworten hat sie auch geschrieben. Wir haben schon ein paar Mal zusammen Mittagspause gemacht.“
Wofür will er englisch lernen? Er wird auch so in der ganzen Welt zurecht kommen.
Mommi hat uns Pizza gebacken, die wir nun in kaltem Zustand verzehren. Dazu trinken wir frischen Kaffee, was unsere Anwesenheit im Bistro legitimiert – obwohl die Angestellten wenig begeistert zu uns herüber geschaut haben, als wir das Picknick auspackten.
Das Handy bimmelt. Ich nehme das Gespräch entgegen, es ist Charly, unser nächster Passagier. „Hi, ich wollte mal fragen … ähm, seid ihr schon da?“
„Ja. Wir machen gerade Mittagspause.“
„Also, weil, ähm … das ist ein bisschen schlecht geplant, aber … ähm–“
„Willst du mir mitteilen, dass du nicht kommst?“, unterbreche ich das Gestammel.
„Nee, ich wollte fragen … also nur wenn das nicht blöd ist … das wär total super, also–“
„Komm zur Sache“, bitte ich.
„Habt ihr noch einen Sitzplatz für meine Freundin frei?“
„Wo will die denn hin?“
„Auch nach Salzburg. Wir würden dann übrigens bis Linz mitfahren.“
„Aha. Warte mal kurz.“ An Miloš gewandt frage ich: „Haben wir noch einen Platz frei für seine Freundin, die das gleiche Ziel hat?“
„Auf jeden Fall! Sag ihm, er soll sie bitte mitbringen. Dann können wir aufholen, was uns dieser Schwachkopf bei Frankfurt vorenthalten hat.“
Ich richte das aus und erfahre, dass sie in einer Viertelstunde ankommen werden.
Lotte gesellt sich zu uns und bekommt das letzte Stück Pizza.
Kurz darauf erscheinen zwei Leute an unserem Tisch, die sich mit Charly und Melissa vorstellen und neben umfangreichem Gepäck auch noch ein zierliches Hündchen mitbringen. „Keine Sorge“, verspricht Melissa, „Mimi ist ganz lieb, die hat noch nie jemanden gebissen.“
Wir sind keine zehn Minuten unterwegs, als ich mich schon frage, was schlimmer ist: ein bissiger Hund oder einer, der unablässig bellt. Die ganz liebe Mimi kläfft pausenlos. Melissa entschuldigt das damit, dass ihr Liebling Autofahren halt nicht gewöhnt ist. Sie streichelt und tätschelt das Tier, redet ihm gut zu, dass es sich beruhigen soll und dass ihm ja nichts passieren wird. Die zusätzliche Lärmbelästigung geht mir noch mehr auf den Geist.
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