Die Gläser sind leer. Ohne weitere Worte stehen wir auf und gehen zurück.
Als die Brottheke schon wieder in Sicht ist, sagt sie: „Okay, das war dumm von mir. Was weiß ich, wie ähnlich oder unterschiedlich ihr seid und warum ihr Freunde seid. Treffen wir uns noch mal?“
„Du kannst mich ja anrufen.“
„Hm“, macht sie. „Also eher nicht.“
„Stimmt. Eher nicht.“ Ich schaue zur Uhr. In einer halben Stunde hat Miloš Feierabend. „Mach mir bitte einen Kakao“, wandle ich das private Gespräch in ein dienstliches um.
„Klar“, sagt sie und schlängelt sich an ihrem Kollegen vorbei, um eine Tasse zu holen.
Miloš bringt sie mir kurz darauf. Ein mit Kakaopulver bestäubter Sahneberg thront auf der Tasse. „Und?“, fragt er halblaut.
Ich winke ab.
„Warum nicht?“
Ich nehme den Löffel zur Hand. „Willst du direkt nach Hause?“
Er nickt. „Wartest du auf mich?“
„Ja.“
Am letzten Schultag vor den Frühlingsferien passiert traditionell wenig in der Schule. Auf dem Schulhof passiert wegen des Wetters mehr. Schneeburgen und Rutschbahnen werden gebaut, Schneeballschlachten brechen aus, werden von uns Erwachsenen(257) verhindert oder beendet und Schneeballwerfer mit Konsequenzen bedacht – das übliche.
hundertsiebenundvierzigstes Kapitel
Ich bin wie vereinbart um drei am Eingang des Gemeindezentrums. Kurz darauf öffnet sich die Tür und eine Frau lässt mich ein. Sie trägt gelbe Gummihandschuhe, von denen sie den rechten auszieht, um mir die Hand zu geben. „Du musst Jeremy sein. Ich bin die Fiene.“ Sie geht mir voraus durch den langen Flur, von dem man links in den großen Saal kommt, rechts zu den Garderoben, zur Bücherstube und all den anderen Räumen, in denen ich noch nicht war. Dabei sagt sie: „Total toll, dass du mitmachst. Winnie und ihr Mann Oleg sind seit Jahren mit dabei, aber jetzt sind sie in Kur, da bist du eine wirklich gute Ergänzung. Das Putzteam ist ja nicht so die allererste Adresse, wenn einer mitarbeiten will.“
Putzteam?!, denke ich alarmiert, kann mich dazu aber nicht äußern, denn sie redet schon weiter: „Ich hab dich noch nie gesehen, mit welchen Leuten hängst du normalerweise rum?“
Sie ist links abgebogen und gibt mir einen Stapel Lappen, einen Eimer, eine Flasche Putzmittel, einen Schrubber. „Wenn du Handschuhe willst, nimm grüne, die müssten passen. Die Größen sind nach Farben sortiert“ und kramt selber im Schrank herum. „Sag schon, mit wem treibst du dich so rum?“
„Ähm … mit keinem von hier.“
„Warum denn das nicht?“, fragt sie sichtlich erstaunt.
„Weil ich am Sonntag erst zum zweiten Mal da war.“
„Was?“, lacht sie auf, „Du bist gerade das zweite Mal da gewesen und kommst direkt ins Putzteam? Wow. Du meinst es ernst mit uns, he?“
„Wie, ernst? Versteh ich nicht.“
„Na, ich gehe ja mal nicht davon aus, dass du hier mitarbeitest, weil du überall Spinnweben und Staubflocken gesehen hast. Also denke ich mir, dass du Interesse daran hast, die Gemeinschaft voran zu bringen. Kontakte knüpfen. Das finde ich wirklich klasse. Na ja, fangen wir an. Die Klos putzen sich nicht von alleine.“
„Äh, warte mal … putzt du alles? Also, ich meine … wenn die beiden anderen dabei sind, macht ihr im ganzen riesengroßen Gebäude alleine sauber?“
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