Ich postiere mich in der Nähe und betrachte eine Weile das Treiben an der Brottheke. Kaum ein Moment vergeht, in dem kein Kunde zu bedienen ist.
Miloš’ Beschreibung von Peggy war ziemlich zutreffend, auch die Handbewegungen.
Mein Traumtyp ist sie zwar nicht, aber man kann sich ja mal treffen! Wer weiß, was dann noch passiert. Ich verlasse meinen Beobachterposten und gehe auf den Laden zu.
Weil ich ja kein Brot will, lehne ich mich gegen das Ende der Theke und warte ab. Als sich der Andrang legt, kommt sie zu mir. „Hoi“, sagt sie, „willst du zu deinem Freund?“
„Nein, zu dir. Ich hab gehört, du willst meine Telefonnummer haben. Da gibt’s aber ein Problem, ich gebe sie nämlich nicht an Leute weiter, die ich nicht kenne.“
„Hm, dann müssen wir uns kennen lernen“, schlussfolgert sie lächelnd. „Ich bin Peggy.“
„Jeremy“, sage ich.
Drei Kundinnen unterbrechen unser sich anbahnendes Gespräch. „Moment bitte“, sagt sie zu mir und wünscht von der ersten zu erfahren: „Was darf es sein?“
Miloš kommt mit einem Blech voller frischer Brötchen um die Ecke, kippt sie in den Korb und schiebt das Blech hochkant in den Spalt zwischen Ofen und Wand. „Wer bekommt als nächstes?“, erkundigt er sich und sagt ihr: „Hopp, verschwinde.“
Sie packt der Kundin noch ihren Kuchen ein und kommt zu mir an den Stehtisch. „Folge mir unauffällig“, weist sie mich an und erklärt: „Herr Snijders will nicht, dass wir da rumstehen. Wenn wir Pause haben, sollen wir hinten in der kleinen Küche sitzen oder uns woanders ein Plätzchen suchen.“
Einen kurzen Moment will ich fragen, wer Herr Snijders ist, aber das ist natürlich Steven.
Am anderen Ende der Einkaufspassage befindet sich ein Obst- und Gemüsehändler, der frisch gepresste Säfte verkauft. Es gibt auch einen Tisch und ein paar Stühle und wir lassen uns nieder.
Ich gebe ihr einen Maracuja-Kirschsaft aus und nehme selber einen Mix von Rote-Bete-, Möhren- und Orangensaft.
„Wir müssen uns ein bisschen beeilen, fürchte ich, Miloš will mich ja nicht stundenlang vertreten. Im Schnelldurchgang: Ich bin vierundzwanzig Jahre alt, studiere Agrarwissenschaften, wohne in einem Dorf bei Alkmaar und wenn ich weder studiere noch arbeite, bin ich meist bei meinem Pferd. Also, es gehört einer Freundin und ihrer Schwester und ich bin die Reitbeteiligung. Und du?“
„Ich bin achtundzwanzig und wohne in Zuyderkerk, arbeite dort auch als Lehrer und in der Freizeit gehe ich segeln, bin mit meiner Band unterwegs oder hänge mit Freunden rum.“
„Okay. Jetzt kennen wir uns. Bekomme ich deine Telefonnummer?“
„Hast du schon die vom Miloš?“
„Was ist denn das für eine Frage? Natürlich habe ich sie, aber nur weil er mein Kollege ist. Damit ich ihn anrufen kann, wenn wir im Plan stehen und mir was dazwischen kommt.“
„Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen. Da wir zusammen wohnen, hast du meine also längst.“
„Wie könnt ihr denn die gleiche Handynummer haben?“, wundert sie sich.
„Die Festnetznummer. Ich hab kein Handy. Ein paar Freunde rufen ihn an, wenn sie wissen wollen, wo ich gerade bin. Ansonsten muss man eben warten, bis ich mich melde.“(256)
„Warum wohnt ihr zusammen?“
„Warum sollten wir es nicht tun?“
„Na ja, du bist ein ganz anderer Typ als er.“
„Wenn du das jetzt schon beurteilen kannst, solltest du dein Talent nicht mit Agrarwissenschaft vergeuden“, spotte ich. „Um die Frage zu beantworten: Wir wohnen zusammen, weil wir genug Ähnlichkeiten haben, um uns herzhaft zu zoffen und genug Unterschiede, um uns immer noch zu mögen.“
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