Während wir in der Küche beschäftigt sind, erzählt er: „Nach der Arbeit bin ich nach Alkmaar gefahren zu dem Typ, dem der andere Partyservice gehört. Felix. Er hat mir Klamotten gegeben und eine Einweisung ins Geschäft und wo wir hinmüssen und so. In Egmond wohnt nicht nur Merles Papa, sondern auch einer, der mit Börsengeschäften ein irrsinniges Vermögen gemacht hat. Er ist unter den Top Ten der reichsten Leute des Landes. Alles nur vom Feinsten, piekfein, verchromt, vergoldet, alles glänzt und so. Echt heftig, so eine Bude habe ich noch nicht gesehen. Nicht mal beim Milošević sah es so aus.“
„Deswegen war es Felix auch so wichtig, den Auftrag zu halten.“
„Haargenau. Dieser Kunde hatte andere piekfeine oder stinkreiche Leute eingeladen … und solche, die in der richtigen Position sind. Ja. Das ging so bis halb drei.“
„Ich dachte, es sollte bis Mitternacht dauern?“
„Wie lange es dauern soll und wie lange es dann tatsächlich geht, hat meist nicht viel miteinander zu tun. Wenn die Gäste um zwölf anfangen, auf den Tischen zu tanzen, geht die Party halt weiter. Immer so, wie der Gastgeber es will, denn der hat das Geld. Aber stell dir vor, das war mir egal. Erstens wusste ich, die Uhr tickt für mich und zweitens war ich schon um elf todmüde und habe nur noch funktioniert. Als wir endlich zurück in Felix’ Laden waren, präsentiert er mir, dass ich da nicht pennen kann. So was fehlt einem dann noch.“
„Vielleicht hat er das nur gesagt, weil er sauer war, dass du so viel Geld willst.“
„Nein, das sind zwei verschiedene Dinge. Wenn ihm mein Preis zu hoch ist, bestellt er mich nicht, da muss er nicht sauer sein. Und wenn ich ihm mit meiner Arbeit keinen Anlass dazu gebe, sauer zu sein, ist es auch keine Geldfrage mehr.“ Er gähnt schon wieder.
„Aber erklär mir doch bitte mal, wie du es geschafft hast, dreihundertdreißig Euro an einem Abend oder besser gesagt in einer Nacht zu verdienen. Und wieso zahlt der freiwillig so einen hohen Stundenlohn?“
„Toni hat mir den Tipp gegeben. Ich habe ihn ja zurück gerufen und er meinte, was heiß begehrt ist, darf ruhig etwas mehr kosten. Dann hab ich mit dem Kollegen geredet – verrückt, dass Toni mir den Tipp gibt, man sollte ja meinen, dass er zu seinem Kollegen hält und nicht zu mir – und habe versucht, wie viel mehr es kosten darf. Na ja, reine Servicezeit waren ungefähr sieben Stunden, dazu Vor- und Nacharbeiten und natürlich die Trinkgelder. Ich kann dir das nicht im Einzelnen auseinander rechnen.“
„Sieben mal dreißig ergibt zweihundertzehn. Dann noch zwei Stunden andere Arbeiten, macht zweihundertsiebzig. Soll das heißen, dass du sechzig Euro Trinkgeld gekriegt hast?“
„Krass, he?“, grinst er beeindruckt.
„Wie schafft man das?“
„Du gibst jedem Gast das Gefühl, dass du eigentlich nur für ihn da bist. Dann fühlt er sich geschmeichelt und will dir auch schmeicheln. Bei wem das besser klappt und bei wem es nicht funktioniert, hast du schnell raus.“
„Aber wie geht das? Da muss ja nicht kassiert werden, wie gibt man dann Trinkgeld?“
„Manche Leute stecken es diskret in deine Tasche, andere stecken es dir an andere Stellen.“
Zwei Wortwiederholungen in einem Satz! Mann, ist der müde. „Und bei wem bist du besonders erfolgreich?“
„Bei reifen Damen. Die haben meist auch richtig Kohle. Der Rest ist lächeln, kleine Aufmerksamkeiten, Blickkontakt halten und so. Wie beim Flirten.“
„Soso. Du flirtest mit alten Schachteln, weil sie Geld haben. Wenn deine russischen Glaubensbrüder das mitkriegen, schmeißen sie dich raus.“
„Verrat mich nicht.“
„Abgemacht.“ Ich überlege kurz, ob ich die Frage wirklich stellen soll, aber ich glaube, ich muss. „Diese reifen Damen gehen dir an die Wäsche?“
„Ja. Das gehört in gewissen Kreisen und ab einem gewissen Pegel dazu. Vor allem, wenn du aussiehst, als würde es sich lohnen.“
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