13. März 2016

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„In der Fremde kennt mich keiner, das ist ja was ganz Neues!“, werfe ich ein. „In der Fremde sind die Fremden fremd!“
„Was ist denn das für ein blöder Spruch? Womöglich sind deine Fremden in der Fremde zuhause! Ich wollte sagen, wenn dich niemand kennt, macht auch niemand dumme Bemerkungen über deinen veränderten Stil.“
„Stimmt.“
„Aber das ist nicht alles, was ich geregelt habe. Ich war auch bei der Autovermietung. Allerdings musst du das Auto ausleihen, also per Unterschrift. Ich habe mich erkundigt, man braucht eine Kreditkarte und wer weiß, wie lange die Bank braucht, bis sie alles für mich fertig hat. Ich habe alle Formulare mitgebracht, wir können sie mit der Post zurückschicken.“
„Was passiert eigentlich, wenn das Auto geklaut wird? Lande ich dann im Knast?“
„Nein, das zahlt deine Versicherung. Wir werden eine zusätzliche Kaution hinterlegen müssen, weil wir nicht im sicheren Nordwesten Europas bleiben werden, wo nie Autos abhanden kommen. Aber mach dir keine Sorgen, das Auto wird nicht geklaut.“
„Woher bist du so sicher?“
„Erstens werden wir es nicht offen stehen lassen. Zweitens stehen wir unter dem Schutz des Höchsten. Deswegen wird uns auf der ganzen Reise nichts passieren.“
„Amen“, mache ich. Eine bessere Reiseversicherung kann es nicht geben. „Welches Auto wirst du ausleihen?“
„Tja, das ist ein bisschen blöd gelaufen. Wir sind spät dran. Ich wollte eigentlich einen Kombi wie zum Beispiel den Passat nehmen, der ist erstens bezahlbar, zweitens können hinten drei Personen sitzen und drittens passt auch noch viel Gepäck rein. Aber die großen Fahrzeuge sind alle schon ausgebucht. Ich habe Vermietungen bis nach Amsterdam angerufen, aber nichts zu machen. Entweder hatten sie nichts passendes da oder sie wollten ihre Autos nicht nach Bosnien fahren lassen. Ich habe nur noch einen Subaru E12 bekommen.“
„Ist das gut?“
Er lacht. „Man merkt deutlich, dass du keine Ahnung von Autos hast und auch keine von langen Fahrten.“ Er gibt mir einen Prospekt der Autovermietung und tippt auf das Bild eines Kleinbusses. „Der E12 ist eine Keksdose. Es ist laut drin und für Strecken von über zwanzig Kilometer Länge hapert es etwas am Komfort.“
Es hapert! Manchmal frage ich mich wirklich, woher er all diese Wörter kennt. Ich kenne sie natürlich auch – aber ich würde sie nie verwenden.
„Aber wenn es ein Bus ist, kann es ja nicht so schlimm sein.“
„Doch“, macht er trocken. „Der ist für Japaner und klein geratene Südeuropäer wie mich gebaut. Du musst dich leider falten.“
„Ach, es wird schon gehen. Hast du die Route im Internet aufgelistet?“
„Ja, vorhin, als ich in Stevens Büro war. Ich habe auch unsere Festnetznummer angegeben, wenn also fremde Leute anrufen, notiere Namen und Telefonnummer, ich regle das.“
„Und diese fremden Leute wissen, dass ich weder serbisch noch kroatisch rede und auch kein Wort russisch, slowenisch oder italienisch?“(247)
„Das merken sie dann schon.“


hundertvierzigstes Kapitel

Merle hat seit dem missratenen Auftritt im van Loo mehrfach versucht herauszubekommen, was mit unserem Bassisten los war – es ist offensichtlich, dass unsere schlechte Form nicht an ihr oder mir lag – aber er hat sie jedes Mal abblitzen lassen. Am ausführlichsten war er, als er „Das verstehst du nicht“ sagte. Zähneknirschend akzeptiert sie das.(248)
„Ist das Thema Bühne ohne Lisanne abgehakt oder geben wir uns noch eine Chance?“, fragt sie, als wir uns Dienstags zu dritt im Proberaum treffen.

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