13. März 2016

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Verlegen schaut er auf den Palmenstrand. „Na ja, es ist, weil … Es wird so wenig über Jesus erzählt. Und manche Leute haben ein ganz komisches Bild von ihm … und glauben gar nicht, dass es auch den Heiligen Geist gibt und was er so machen kann. Ich habe noch keinen gefragt, aber ganz sicher glauben auch welche, dass man sich nicht so richtig gegen den Teufel wehren kann, sondern dass man das einfach aushalten muss. Und ich … ich will immer nur mehr wissen, wie Jesus ist, und in der Kirche … also die Predigten sind schon interessant, aber ich glaube … also …“, er schnauft tief durch, „wenn ich nur das gewusst hätte, was in der Kirche gesagt wird, hätte ich nie Jesus als Herrn angenommen.“
„Ja. Das hab ich auch schon mal gedacht.“
Ein paar Minuten ist es still zwischen uns, dann frage ich, was mir in den Sinn kommt: „Seit wann denkst du darüber nach?“
Jetzt schaut er mich an. „Bist du sauer, dass ich dir nicht schon eher davon erzählt habe?“
„Nein, ich will nur wissen, seit wann du darüber nachdenkst.“
„Eigentlich schon, seit der Geist mich das erste Mal umgehauen hat, aber so richtig, dass ich gehen will, seit letzter Woche. Theodorus sagt, es ist wichtig, dass ich meine Identität als Kind Gottes kennen lerne. Ich bewundere das, dass du ja dieselben Sachen erlebst wie ich und trotzdem so treu hingehst. Wahrscheinlich liegt das daran, dass du schon viel mehr über Jesus weißt. Aber ich kann das nicht.“
„Ich erlebe nicht dieselben Sachen wie du. Dass ich für jemanden bete und der dann umkippt, habe ich bei dir das erste Mal erlebt, und ich war ganz schön erschrocken, das kannst du mir glauben.“
„Ach, und ich dachte … woher weißt du dann immer, dass es der Heilige Geist ist?“
„Er sagt es mir. Als du umgekippt warst, hat er mir erklärt, dass er mit jedem anders kommuniziert. Deswegen habe ich schnell kapiert, dass du wegen ihm im Proberaum gelacht hast und nicht aufhören konntest. Lisanne meinte, ob du wieder auf Drogen bist.“
„Ausgerechnet bei ihr hätte ich gedacht, dass sie das durchschaut.“
„Ausgerechnet Lisanne ist bei dem Thema ziemlich konservativ. Sie hat es noch nicht so erlebt, deswegen kann das nicht sein.“ Mit fällt noch eine Frage ein: „Wirst du in eine andere Kirche gehen?“
Er nickt. „Levian hat mich eingeladen. Sie gehen in Alkmaar in eine Freikirche, in der viele Russen sind, im Sommer auch Saisonarbeiter aus ganz Osteuropa. Die fangen um acht an.“
„Dann musst du ja gleich los.“
Etwas anderes ist ihm dringender. „Wird das ein Problem sein für unsere Freundschaft?“
„War es ein Problem, als du noch in gar keine Kirche gegangen bist?“, frage ich zurück.
Erleichtert grinst er. „Hauptsache, ich kann dich weiterhin alle Sachen fragen.“
„Solange ich was weiß, will ich dir Antworten geben.“

Als ich alleine am Tisch sitze, habe ich einen faden Geschmack im Mund.
Miloš ist weg, und das bezieht sich nicht nur auf seinen momentanen Aufenthaltsort. Ich wollte eine neue Kirche finden und ihn mitnehmen und jetzt ist er schon wieder schneller gewesen als ich. Aber in einer russischen Freikirche werde ich kaum eine Heimat finden, da steht mir nicht nur die Sprache im Weg.
Habe ich jetzt überhaupt noch einen Grund, die Kirche zu verlassen? Oder ist es nicht vielleicht sogar so gewesen, dass ich auf Miloš’ Hilfe gehofft hatte in der neuen Kirche? Während ich noch überlege, was Smalltalk ist, hat er ja schon mit allen Leuten Kontakt!
Menno, Jesus, warum bin ich immer so schwerfällig bei Veränderungen?, maule ich ihn an.
Hör auf, dich an Miloš zu messen, lautet sein praktischer Rat. Wenn du eine neue Kirche finden willst, schaffst du das auch ohne ihn. Frag doch mal Theodorus nach ein paar Adressen.

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