13. März 2016

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Ich untersuche die verklemmte Situation. Das Sofa scheint unschuldig, eher bietet die Tür das Hindernis. Sie hat ja das kleine Fenster, und dessen äußerer Rahmen ist im Weg. Weiß der Himmel, wie sie auf dem Hinweg dran vorbei gekommen sind, jetzt hängen sie fest. Das gibt’s doch gar nicht! Sämtliche Erfahrungen aus sämtlichen Umzügen sprechen dagegen. Man könnte die Tür weiter auf … nein, das geht nicht, da ist die Wand. Man hätte sie vorher aushängen können, aber vorher ist vorbei. „Wie sieht es denn mit Einzelteilen aus? Kann man irgendwas abschrauben?“
„Äh … das haben wir nicht versucht“, gibt Zoran zu. „Ist aber ziemlich schwierig, wie willst du da jetzt noch drankommen?“
„Wartet mal, ich hole Werkzeug.“ Die Haustür ist ja nicht die einzige Tür, durch die es muss, denn es soll nicht im Flur stehen. Und der Rahmen der Wohnzimmertür ist schmaler.
Im Weggehen höre ich Miloš andächtig sagen: „Handwerker sind toll.“
Zoran begehrt auf: „Ich bin auch Handwerker.“
„Ja, aber mehr mit Hand als mit Werk.“
„Ist das wieder eins von deinen intellektuellen Wortspielen?“
„Quatsch. Du arbeitest mehr mit den Händen als mit Werkzeug, also ist dein Handwerk mehr Hand als Werk.“
„Ich versteh deine Wortspiele trotzdem nicht.“
Ich justiere meinen kleinen Baustrahler in Fußbodenhöhe auf seinem Stativ, schließe ihn an und gleich herrscht Stadionatmosphäre im Flur.
„Aber es ist ja gar kein Wortspiel, ich habe es doch erklärt, du Knoblauchfresser!“
„Aha, sind wir wieder auf der Ebene angekommen? Serbischer Schnösel.“ Miloš kontert etwas heimatsprachiges. Was auch immer es ist, Zoran lässt es sich nicht gefallen.
„Klappe halten, Sofa hochheben“, gehe ich dazwischen(236) und robbe unter das sperrige Möbelstück. Auch hier sind reichlich Staubflocken und Katzenhaare vorhanden. Eine Hartfaserplatte verhindert den Blick auf die Sofapolster. Umso besser, dann staubt es nicht so fürchterlich. Hinten links erscheint die Notiz: Staubsauger bei Mommi ausleihen! Dann verblasst die Liste, denn einer der selten Momente völliger Übereinstimmung ist eingetreten. Ich habe nur einen Maulschlüssel mitgenommen, und der hat genau die richtige Größe. M8, wie lieb’ ich dich! „Höher!“, fordere ich.
„Was tust du da eigentlich?“, will Miloš wissen. „Ich komme mir ein bisschen blöd vor hier draußen, besonders, weil jetzt auch jeder in der Straße sehen kann, dass unsere Haustür nicht mehr zu geht.“
„Mach dir nix draus. Es dauert nicht mehr lange, dann – aha!“
„Was ist los?“
„Die Rücklehne ist los. Jetzt könnt ihr es steiler kippen.“ Ich habe es kaum gesagt, da kommt Bewegung in die Sache. „Halt, lasst mich erst aufstehen!“ Aber zu spät, Zoran geht schon vorwärts, Miloš muss folgen und tritt glücklicherweise nicht auf mich. Problemlos schaffen sie es auch durch die Wohnzimmertür.
Ich schließe die Haustür, lösche das Flutlicht und folge den beiden.
Nachdenklich betrachte ich den neuen Hausgenossen, der nun breit und mittelblau vor der schilfgrünen Wand steht. „Die türkische Tulpe mag also blaue Sofas. Hast du dir mal überlegt, was unsere Einrichtungsfachfrau zu diesem Farbexzess sagen wird?“
„Das ist mir ist egal. Ich will darauf liegen und pennen. Dann habe ich die Augen zu.“
„Das wird sie überzeugen. Wir könnten Marjorie fragen, ob sie uns einen Überwurf näht. Dann sieht man auch die Flecken hier auf der Sitzfläche nicht mehr.“
Zoran schüttelt den Kopf. „In dieser Beziehung bist eindeutig du die Frau, Jeremy.“
Das war jetzt kein Kompliment, oder? „Immerhin kann ich mit Werkzeug umgehen. Hebt das Dings noch mal hoch.“

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