„Du musst dir über die Folgen klar sein. Vermutlich knallt sie dir eine. Wenn du das riskieren willst, nur zu.“
„Nein, ich meine das ernst.“
„Ich meine es auch ernst. Setz den Frieden nicht aufs Spiel, jetzt, wo sie so weit auf dich zugegangen ist.“
„Warum ist das so eine Überwindung für sie?“
„Das sag ich dir nicht.“
„Hat es mit mir zu tun?“, bohrt er nach. Weil ich nicht antworte, schließt er: „Also ja. Was habe ich ihr denn Schreckliches angetan?“
Mir platzt der Kragen. „Verdammt noch mal! Hast du mich nicht verstanden?! Ich habe ihr versprochen, niemandem davon zu sagen! Akzeptier das!“
„Schon gut, schon gut“, brummt er und steht auf.
Als ich am Mittwoch von der Arbeit komme, ist das Haus leer. Ein Zettel auf dem Tisch informiert mich, dass Miloš im Proberaum ist und Jazz übt. In die rechte untere Ecke des Papierchens hat er einen kleinen Pfeil gemalt, der nach rechts zeigt. Weil rechts nichts weiter kommt als das Ende vom Blatt, drehe ich es um. Dort steht: „Danke, dass du dein Versprechen Merle gegenüber so ernst nimmst. Das heißt, dass dir deine Versprechen mir gegenüber genauso wichtig sind. Gruß, die serbische Nervensäge.“
Ich bereite mir etwas zu essen und begebe mich dann an den Haushalt, obwohl ich auch lieber Jazz üben würde. In meinem Zimmer suche ich die ganzen getragenen Kleidungsstücke zusammen. Auch wenn mein Mitbewohner mir bereits mehrfach den Tipp mit dem Wäschekorb gegeben hat, ist es mir zu lästig, ordentlich zu sein. Er sagt, meine Methode wäre lästiger, weil man dann durch alle Ecken kriechen müsste. Würde ich aber nicht regelmäßig durch die Ecken kriechen, würde ich viele andere Dinge nicht wiederfinden. Alles hat Vor- und Nachteile. Außerdem hat mein Zimmer vier Ecken und dazwischen eine kleine Menge Quadratmeter, das wird ja wohl zu schaffen sein.
Im Bad sortiere ich die Sachen wie üblich in dunkel, hell, rot und Kochwäsche, natürlich auch die, die Miloš immer sofort in den Wäschekorb legt. Der Dunkel-Hügel ist heute der größte, er kommt als erstes in die Waschmaschine. Die drei anderen Hügel lasse ich auf den sandfarbenen Fliesen liegen, die sind dann ja als nächstes dran; es lohnt nicht, sie wegzuräumen und die ganze Sortierarbeit von vorne zu beginnen.
Das Bad hat eine Deckenhöhe von zwei Metern und vierzig, und vor einiger Zeit (ich glaube, als wir das erste Mal die Betten abgezogen haben) habe ich ein Stück unterhalb der Decke an den beiden kurzen Seiten des Raumes Latten befestigt, in die ich in Halbmeterabständen Schraubhaken gedreht habe. An diesen Haken sind quer durch den Raum Wäscheleinen aufgespannt. Jetzt muss man beim Wäscheaufhängen nur ein bisschen drauf achten, die Wege zu Waschbecken, Klo und Dusche frei zu lassen und kann die beiden Wäscheständer für Socken, Shorts und anderen Kleinkram nutzen.
Miloš findet die Erfindung nicht so besonders gelungen, weil er nicht an die Leinen kommt(229), außer er stellt sich auf den Hocker. Aber wer nicht gern auf Leitern steht, mag auch Hocker lieber als Sitzgelegenheit.
Eines Tages, wenn es mich stört, immer alleine fürs Aufhängen der großen Wäsche zuständig zu sein, werde ich die Haken einfach weiter unten befestigen; niedrig genug, dass er dran kommt und hoch genug, dass ich nicht dagegen laufe.
Sobald diese Regenzeit vorbei ist, die Winter heißt, werde ich ohnehin nichts mehr drinnen aufhängen. Ich liebe den Geruch von getrockneten Sonnenstrahlen in der Wäsche.
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