13. März 2016

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Ich gewähre ihm den Themenwechsel: „Fahren wir gleich zum Proberaum?“
„Also, ich bin noch nicht am Verhungern, aber etwas Essbares wäre gut. Ich hatte heute keine Zeit für eine Mittagspause.“
„Okay. Was soll es geben?“
„Nudeln mit Tomatensoße?“
„Kriegst du.“
Nach einem kurzen Aufenthalt im Bad finde ich mich wieder in der Küche ein, wo der Wasserkessel schon auf dem Herd steht. Ich nehme eine Zwiebel aus dem Netz, schäle und zerkleinere sie. „Wie sind denn deine Arbeitszeiten?“, lasse ich unser Gespräch nicht versanden. Die Zwiebelwürfel werden in heißem Öl angebräunt. Dazu kommen zerschnibbelte Tomaten, Tomatenmark, Wasser, Oregano, Salz, Pfeffer, ein Schuss Sahne, noch etwas Salz.
Derweil erfahre ich: „Morgens um kurz nach sechs geht es los, da kommt die erste Lieferung aus der Backstube. Der Laden ist auf von halb sieben früh bis halb sieben abends, es gibt eine Dreiviertelstunde Mittagspause.“
Der Kessel pfeift und er gießt das Wasser in den Topf, gibt Salz dazu und die Nudeln. „Nach Ladenschluss wird aufgeräumt und geputzt, das dauert eine halbe Stunde, sagt Lale, und die Kollegen aus der Backstube holen die übrig gebliebenen Backwaren ab. Dann ist sieben Uhr und Feierabend. Die Arbeitszeiten sind aber unterschiedlich, weil mit zweiundvierzig Stunden die ganze Woche abgedeckt werden muss. Jedes zweite Wochenende bin ich auch noch dran, halbtags. Ein Tag in der Woche ist frei, das ist in meinem glücklichen Fall der Mittwoch, das heißt, es kann Dienstags bei der Probe auch mal länger dauern. Dienstags darf ich übrigens wegen der Probe schon um sechs gehen, und wenn wir einen Auftritt haben, soll ich rechtzeitig Bescheid sagen, dann übernehmen die Aushilfen meine Arbeitszeit. Die kann ich an einem anderen Tag nachholen.“
„Das kling gut.“
„Ja. Steven sagt, er kann das gute Verhältnis mit seinen Mietern nicht aufs Spiel setzen. Aber ich glaube nicht, dass das der Grund ist. Lale sagt, er hat auch vor ihrem Wunsch schon lange nach einem zweiten Verkäufer für Barenkarspel gesucht, nur halt nicht so gezielt. Und du hast ja gehört, wie er über die Arbeitslosen denkt. So eine Meinung legst du dir nicht innerhalb einer Woche zu, zumindest nicht, wenn du ein anständiger Typ wie Steven bist. Er muss schon eine ganze Menge Frust mit den Leuten gehabt haben. Jetzt ist er froh, dass er das Kapitel endlich schließen kann und kommt mir gerne entgegen.“
„Woher weiß er eigentlich, dass du es besser machen wirst als die Arbeitslosen? Er kennt dich nur vom Musikmachen.“
Miloš grinst. „Er sagt, er hat Zoran gefragt, ob ich das schaffe. Zoran sagt ja.“


hunderteinunddreißigstes Kapitel

Um Viertel nach sechs ist der Mitbewohner heimgekommen und hat getan, was ich bei ihm noch nie erlebt habe: er hat sich an den Tisch gesetzt, die Füße hochgelegt und ist sofort eingeschlafen. Das war wohl ein anstrengender erster Arbeitstag!
Aber ich bin sicher, dass Zoran mit seiner Einschätzung recht behalten wird. Sollte Miloš es nicht wegen seiner sportlichen Fitness schaffen, dann ganz sicher, weil er ein zäher Hund ist. Möglicherweise spielt auch noch ein bisschen hinein, dass er vor einem Kroaten keine Schwäche zugeben will. Zuzutrauen wäre es ihm.
Eine halbe Stunde, bevor wir zur Bandprobe losfahren müssen, koche ich einen Kaffee und wecke ihn. Er streckt sich und gähnt herzhaft. „Jeremy … wir brauchen ein Sofa.“
„Denk gleich mit dran, Merle danach zu fragen. Fergus wollte sich für uns umhören.“
„Hm … mal sehen, ob ich das schaffe. Ich könnte ins Bett gehen und bis morgen durchpennen. Die halbe Welt kauft in diesem Laden ein. Ein irrer Andrang. Die Eltern von drei meiner Buskinder übrigens auch. Zum Glück sind sie mir nicht böse, obwohl sie jetzt wieder selber fahren müssen.“
„Was sagt denn Lale? Ist da immer so viel los?“

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