13. März 2016

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„Nach dem späten Fahrdienst hatte ich dann ein weiteres Gespräch mit dem Vorsitzenden und rate, wie es ausgegangen ist?“
„Nach dem Tipp mit der Mittagspause rate ich, dass er akuten Gedächtnisschwund hat.“
„Gut kombiniert.“
Wir halten an der aufgeklappten Zeelandbrug, die über die Gracht am Koffiedijk führt. Diese Gracht ist die Verbindung zwischen unserer am Visserdijk und dem Hafen(227). Die Brücken hier im Viertel sind nach den Provinzen benannt, wodurch es zu dieser putzigen Namensdopplung gekommen ist. Die echte Zeelandbrücke ist ja um ein Vielfaches größer.
„Natürlich war es nicht so einfach. Er hatte noch zwei Leute aus dem Vorstand zur Verstärkung geholt und gemeinsam haben sie dann versucht, mich unter Druck zu setzen, dass ich ihnen wegen des Führerscheins noch was schuldig wäre–“
„Aber du hast die Raten doch abbezahlt?!“
„Ja, aber die Chance, die sie mir geboten hätten! Da könnte ich ja jetzt nicht so sitzen lassen! Mindestens bis zum Sommer müsste ich noch fahren, damit sie Zeit hätten, einen adäquaten Ersatz zu finden! Und ich müsste ja auch an die Kinder denken, ob mir die denn ganz egal seien? Lauter so emotionales Zeug. Aber ich bin bei meinem Punkt geblieben.“
„Und was sagen die Kinder dazu?“
„Ich habe ihnen bei der Heimfahrt erklärt, was passiert ist. Sie sind sich einig, dass es ungerecht ist, erst etwas zu versprechen und es dann nicht einzuhalten. Trotzdem sind sie traurig, dass wir uns nicht mehr sehen. Joris hat sogar geweint.“
Der Name sagt mir nichts. „Wer ist das?“
„Der Älteste. Der ist zwölf. Und wenn so ein großer Junge anfängt zu heulen, bloß weil du ihm sagst, das hier ist unsere letzte Fahrt“, er seufzt tief, „das war hart. Es ging halt nicht nur um den Schulweg.“
„Was wirst du als nächstes machen? Nur noch kellnern?“
„Das würde die finanzielle Situation mit meinem Mitbewohner nur verschieben und nicht ändern. Ich fange morgen bei „Stevens broodjes“ in Barenkarspel an.“
„Ach!“
„Ja. Zwischen den beiden Gesprächen mit den Vorsitzenden bin ich zu Steven gefahren und habe gefragt, ob er schon einen Verkäufer gefunden hat.“
Ich unterbreche schon wieder: „Du hast das Fass aufgemacht, ohne vorher zu wissen, ob der Job noch zu haben war?!“
„Wenn Steven mir abgesagt hätte, hätte ich mir etwas anderes gesucht.“
Wir sind hinterm Haus angelangt, stellen die Fahrräder ab und betreten es durch die Terrassentür. „Eben war ich schon an meinem neuen Arbeitsplatz. Lale freut sich, dass sie endlich einen Kollegen für die ganze Woche hat. Ich denke, wir werden gut miteinander zurecht kommen, auch wenn sie lieber eine Kollegin gehabt hätte.“
„Was hast du da gerade gesagt?“
„Sie hätte gern eine Kollegin gehabt.“
„Nein, davor. Lalla freut sich, oder so.“
„Lale. Das ist die fünfjährige Mitarbeiterin – Blödsinn“, lacht er, „sie ist nicht fünf Jahre alt, sondern sie arbeitet seit fünf Jahren für Steven. Er hat von ihr gesprochen, erinnere dich.“
„Das ist die, die sich was wünschen durfte, ich weiß. Aber was ist denn das für ein Name?“
„Ein türkischer. Übrigens der niederländischste Name, den es in der Türkei gibt, das heißt nämlich übersetzt Tulpe.“
„Türkisch kannst du also auch?“(228)
„Nein, ich habe sie gefragt. Wo ihr Name herkommt und was er bedeutet.“
„Namensbedeutungen sind auf einmal wichtiger für dich geworden, he?“
Er verdreht die Augen.

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