8. Januar 2016

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„Papa.“
„Na klar, und wenn ich ihn anrufe, rede ich ihn mit Papa an. Was ist sein Nachname?“
„Erstaunlicherweise der selbe wie meiner.“
Miloš verdreht die Augen. „Sag mir deinen Nachnamen.“
Lachend frage ich: „Wieso weißt du den nicht, du merkst dir doch sonst alles?“
„Weißt du ihren Nachnamen?“, kontert er.
„Na sicher. Kleiner Tipp: er steht an ihrem Briefkasten.“
Er verdreht die Augen noch mehr. „Und, was steht an ihrem Briefkasten?“
„Das selbe wie auf der Klingel“, quiekt Merle vor Lachen.
Er seufzt tief. „Was steht am Briefkasten und an der Klingel und auch am Briefkasten und der Klingel vom Papa, von Theo, von Maurice, von Pippi, von Sylvie?“
„Bei Mama und Opa Heijn steht es auch dran!“
Ich schätze unheimlich an ihm, dass er so gutmütig ist und dass er jeden blöden Scherz mitmacht; wenn es sein muss, stundenlang. Und dass er sogar dann noch lachen kann, wenn es auf seine Kosten geht. Was das betrifft, ist er der beste Witzpartner für mich, den es auf der ganzen Welt gibt. Weil man das aber auch nicht überstrapazieren darf, komme ich ihm entgegen und löse das Dings auf: „Van Wieringen.“
Sein Seufzer ist so tief, dass er weit unterhalb des Herzens entsprungen sein muss. „Jeremy, ich danke dir.“
„Wir können auch zu ihm fahren, er wohnt in Egmond, das ist ja nicht weit von hier.“
„Dein Papa wohnt in Egmond? Dann müssen wir da unbedingt an den Strand.“
„Heute früh, als es noch schön war draußen, hast du mich angemeckert, weil ich dich aus dem Bett gezerrt habe und jetzt willst du freiwillig bei Sauwetter an den Strand? Was hast du, wenn ich Anwandlungen habe?“
„Warst du denn schon mal in Egmond?“
„Nein, was gibt es da Besonderes?“
„Den allerwunderschönsten Strand des Landes. Er ist wahnsinnig breit und flach und toll und lang und wunderschön.“
„Aha“, macht er belustigt. „Da ich heute das erste Mal in meinem Leben durch so ein Wasserrutschenrohr geflutscht bin, kann ich ja auch noch zum allerwunderschönsten Strand des Landes gehen. Apropos, hast du das nicht auch schon über die Strände auf Dersummeroog und den in Workum gesagt?“
„Nein, ganz bestimmt nicht, höchstens, dass sie die schönsten der Insel sind. Und dann auch nicht über alle Strände, sondern nur über einen. Die können ja nicht alle zugleich die schönsten sein, wo bleibt denn da der Sinn eines Superlativs? Und der bei Workum ist der einzige Natursandstrand am IJsselmeer, das ist wieder eine andere Kategorie.“
Merle findet etwas anderes interessanter. „Warum bist du noch nie auf so einer Wasserrutsche gewesen?“
„Es gab keine Gelegenheit. In Peckovar hatten wir nur so ein normales Schwimmbad mit ein paar Bahnen nebeneinander, Drei- und Fünfmeterbrett und einem Nichtschwimmerbecken. Ausreichend für den Schulsport. Die Eltern von einem aus der Klasse hatten einen Pool mit Rutsche, aber das war bloß eine längere Spielplatzrutsche. Im Sommer hat man sich meist den Arsch dran verbrannt, wenn nicht mindestens zwei Leute ständig mit Wassereimern unterwegs waren, um das Blech nass zu halten.“
„Ich kann es mir lebhaft vorstellen“, schmunzele ich. „Und, wie war dein erstes Mal?“ In das schallende Gelächter der beiden rufe ich: „Also, die erste Wasserrutschenfahrt!“
Miloš platzt fast vor Lachen. „Flutschig!“
Jetzt tritt ein Mann in überwiegend weißer Küchenkleidung an unseren Tisch. „Entschuldigen Sie, könnten Sie bitte etwas leiser sein?“, fragt er höflich.
Merle wischt sich die Lachtränen vom Gesicht. „Wir müssen uns entschuldigen, das ufert ein bisschen aus. Vermutlich ist das nicht sehr glaubhaft, aber wir sind alle stocknüchtern.“

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