8. Januar 2016

402

„Klar. Alles kann sein. Aber du würdest deinem Restaurant ja auch nicht einfach so einen polnischen Namen geben.“
„Ich habe noch nicht über mein eigenes Restaurant nachgedacht.“
„Und die Erde ist eine Scheibe.“
Verlegen wirft sie mir ihre Serviette an den Kopf. „So etwas wie 4020 ist zu unpersönlich und „bei Merle“ werde ich es sicher nicht nennen. Wenn ich es mit meinem Partner zusammen habe, dann wird es nach der Namenskombination heißen.“
„Namenskombination?“, unterbreche ich.
„Jennice, Antolly und so.“
Die Getränke kommen und mit ihnen mein Salätchen. Leider ist es nur sauer eingelegtes Raspelgemüse, aber es gibt Brot dazu. Ich gebe direkt die nächste Bestellung auf, ich möchte als Vorspeise die Lauchcremesuppe, aber bitte ohne Speck. Merle nimmt sie auch, aber bitte mit Speck.
Miloš setzt sich zurück an seinen Platz. „Keine Yugo, sondern eine Wienerin, die mal mit einem Yugo verheiratet war“, teilt er mit.
„Da kann sie ja zuhause viel gelernt haben“, sage ich.
„So ist es.“
„Hä?“, wundert Merle sich, „Was soll denn das heißen?“
„Wien ist die drittgrößte serbische Stadt außerhalb Serbiens“, klugscheiße ich fröhlich.
„Was du weißt!“, bewundert sie mich lachend.
Der Kellner kommt noch einmal an unseren Tisch, um Miloš’ Bestellung entgegen zu nehmen. Er möchte lauter Sachen haben, die ich nicht aussprechen kann, auch wenn in der Speisekarte keine kyrillischen Buchstaben stehen. Der Kellner kann sie auch nicht aussprechen und möchte lieber die Nummern der Gerichte genannt haben.
Kurz darauf kommen die Vorsuppen – in der Küche scheint nichts los zu sein, sonst wären die Leute nicht so schnell – und bald danach schon das vielteilige Hauptmenü. Jetzt ist fast kein Platz mehr auf unserem Tisch.
„Könnt ihr mir bitte einen Gefallen tun?“, fragt Miloš, als er hier und da probiert hat.
„Klar, welchen?“
„Sprecht mich nur noch auf serbisch an, bis ich mit dem Essen fertig bin.“
„Warum denn das?“, will Merle wissen.
Er gibt keine Antwort.
„Hallo, warum?“
„Du musst schon serbisch fragen, warum er das will.“
„Witzig. Jedan, twa, drie, dingenskirchen. Mehr serbisch kann ich nicht.“
„Tja, dann wird’s mit der Kommunikation schwierig.“
„Hat der so was öfter?“
„Wir haben eine Testreihe gestartet. Ich versuche, serbisch zu kochen. Und wenn das gut gelungen ist, redet er auch nicht beim Essen. Wahrscheinlich gibt es Zusammenhänge.“
„Schräger Vogel“, brummt sie kopfschüttelnd und widmet sich ihren Cannelloni.
In kurzen Abständen kommen jetzt andere Gäste, vermutlich sind wir einfach vor der üblichen Mittagszeit eingetroffen. Man scheint sich zu kennen.

Nachdem seine Teller und Schüsselchen leer sind, steht er mit entrücktem Blick auf und verschwindet in der Küche. Als er nach ungefähr zwei Minuten lächelnd zurück kommt, sagt er: „Jetzt können wir wieder reden.“
„Na, da sind wir ja alle froh“, grinst sie. „Und denk dir, was fällt mir als erstes ein? Ruf mal meinen Papa an. Er hat zu Weihnachten ein Smartphone bekommen, aber sein altes Handy funktioniert noch gut.“
„Was will er dafür haben?“
Sie hebt die Schultern. „Ich hab ihm bloß erzählt, dass deins geklaut wurde und da hat er gesagt, du sollst dich bei ihm melden. Du kannst gleich mit meinem Handy telefonieren.“
„Wie heißt er?“

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