Ich tupfe etwas Öl auf meinen Zeigefinger, male ihm damit ein Kreuz auf die Stirn und sage: „In Jesus’ Namen, Angst, du hast kein Recht an Miloš. Verschwinde dahin, wo du hergekommen bist.“
Er atmet mehrmals durch, als sei eine messbare Last von ihm genommen worden.
Wenn ich er wäre, wäre ich jetzt lieber alleine. „Ich geh runter und koch uns was“, mache ich es ihm leicht.
Ich habe gerade die beiden Nudelsoßen fertig – eine mit Hackfleisch, eine ohne, als er zwischen Pfeiler zwei und drei in die Küche schaut. „Ich habe eine Frage.“
„Nur zu“, lade ich ihn freundlich ein. Er sieht wieder viel besser aus.
„Wie machst du das, dass der Heilige Geist kommt und witzige Dinge in mir anstellt?“
„Ich mache das nicht.“
„Ach so, ich brauche dich ja angeblich nicht dafür. Aber wie macht man das?“
„Nein, es hat nichts mit mir oder dir zu tun, sondern der Heilige Geist macht es. Er entscheidet, ob er dich sanft oder fest berührt oder umhaut oder nicht. Und du kannst ihn auch nicht zwingen oder locken oder überreden. Denk an Samstag im Proberaum. Da habe ich nicht für dich gebetet und dir nicht die Hände aufgelegt und trotzdem ist er über dich gekommen.“ Ich schütte die Nudeln ab.
„Du hast nicht gebetet? Ich dachte … vielleicht ohne, dass ich es mitbekommen habe?“
„Nein, ganz sicher nicht, ich wollte ja deine neuen Lieder hören.“
„Aber warum denn dann?“
„Du bist verknallt in ihn und willst ihm ein Lied singen und er ist verknallt in dich und umarmt dich, und peng.“
„Ach“, macht er langsam. „Meinst du, es bleibt so, wenn ich die Lieder singen will?“
„Frag mich doch mal Sachen, die ich beantworten kann!“, schnaube ich lachend.
Er deckt Teller und Besteck auf und legt die benötigte Menge Untersetzer dazu. Dann nimmt er die beiden Soßentöpfe und ich bringe den Nudeltopf mit. Ich bete fürs Essen und nach ein paar Gabelfüllungen sagt er: „Jeremy, weißt du, was das verrückteste an der ganzen Sache vom Samstag war? Als ich wieder aufgewacht bin, tat mir fast nichts mehr weh, die Schwellungen hier im Gesicht waren weg und der Zahn ist seitdem wieder fest. Und das Knie ist auch viel besser gewesen. Sonst hätte ich ja nicht mit dem Fahrrad nach Hause fahren können. Hast du dafür vielleicht eine Erklärung?“
„Eher eine Vermutung, wie gesagt bin ich ja kein Geist-Experte. Also, es kann sein, dass er mit seiner Heiligkeit in deinem Körper keinen Platz gelassen hat für Verletzungen und Schmerz, sodass die Heilung übernatürlich schnell voranging.“
„Krass“, sagt er andächtig und das sehe ich genauso.
Es wäre gut, so einen Geist-Experten zu haben. Der könnte mir dann auch ein paar wichtige Dinge erklären, die ich anscheinend immer noch nicht begriffen habe, obwohl ich den Heiligen Geist schon jahrelang kenne. Leider habe ich keine Ahnung, an wen ich mich deswegen wenden könnte. Ich weiß nur, an wen ich mich nicht wenden sollte.
hundertzweiundzwanzigstes Kapitel
Ich werde wach, weil jemand an meiner Schulter rüttelt.
„Was willst du?“, maule ich verpennt.
„Komm, steh auf, das musst du sehen!“
„Was'n los?“
„Beeil dich!“
Ich will mich wieder rumdrehen, aber mein schrecklich munterer Mitbewohner nimmt mir die Bettdecke weg, stellt mich auf meine Füße und wickelt die Decke um mich.
„Will nicht im Stehen schlafen!“
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