8. Januar 2016

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„Worüber lachst du?“, will ich wissen.
Er grölt los. „Keine Ahnung, aber es ist lustig!“
Bei so viel Gelächter kann man nicht ernst daneben stehen und wir lachen mit.
Im dritten Versuch gackert er schon im ersten Takt los und ist gar nicht zu beruhigen. Er versichert zwar, dass er nicht über uns lacht, aber einen Grund kann er auch nicht nennen.
Im vierten Anlauf wälzt er sich wiehernd auf dem Boden.
Es ist ja schön, dass ihm offenbar nichts mehr weh tut, denn sonst könnte er nicht so ungehindert Luft holen, um sie gleich darauf wieder heraus zu lassen, aber ein bisschen seltsam ist sein Verhalten schon!
„Man fragt sich ja, an welcher Schraube da mal gedreht werden müsste“, stellt Lisanne trocken in den Raum.
„Hat er doch wieder angefangen mit Drogen? Und wenn ja, wie heißt das Zeug?“, fragt Merle grinsend, „Ich will das auch haben!“
Beim dem Stichwort ist mir auf einmal alles sonnenklar. „Es sind keine Drogen. Zumindest keine, die man irgendwo kaufen könnte. Das da“, ich zeige auf Miloš, der vor Lachen kaum noch Luft kriegt, „macht der Heilige Geist.“
„Wer?“, fragt Merle, und zugleich Lisanne: „Nicht im Ernst, oder?“
„Doch. Völliger Ernst.“ Für Merle fasse ich in Kürze zusammen: „Vater, Sohn, Heiliger Geist. Dreieinigkeit, schon mal gehört? Um den Heiligen Geist wird es jetzt öfter gehen.“
Skeptisch schaut sie mich an. „Könnte das mit der Schraube auch bei dir nötig sein? Na, mal ehrlich, ist das schlimm, was er hat? Ich meine, geht das vorbei? Du kennst dich doch aus mit dem Geist.“
„Von wegen, ich weiß, dass ich nichts weiß. Es geht vorbei, ja, und es ist nicht schlimm, und ihr hättet ihn mal vor einer Woche erleben sollen. Da war er von Freitagabend bis Sonntagmorgen breit.“
Lisanne zieht mich beiseite und bittet nachdrücklich: „Sag mir, was er eingenommen oder geraucht hat.“
„Der Kerl ist stocknüchtern. Es ist, wie ich es gesagt habe: der Heilige Geist.“
„Nimm mich bitte nicht auf den Arm. Der Heilige Geist ist der Vermittler zwischen Gott und uns Menschen, aber von solchen Albernheiten steht nichts in der Bibel.“
„Von vielen Dingen des heutigen Lebens steht nichts in der Bibel.“
Ihre entschiedene Handbewegung sagt schon alles. „Du findest in der Bibel Antworten auf alle Fragen. Aber lass uns bitte nicht darüber diskutieren, wir wissen beide, dass wir unterschiedliche Ansichten haben bei dem Thema.“
Ziemlich viele Glaubensgeschwister in der Kirche haben bei diesem Thema andere Ansichten als ich. Lisanne ist eine der wenigen, die meine Ansichten akzeptiert, auch wenn sie sie nicht teilt.(205) Auf den ersten Blick merkt es niemand, aber ich bin dadurch ziemlich isoliert. Weil ich nicht ständig „bekehrt“ werden will, behalte ich meine Meinung für mich. Ich sollte mich wirklich auf die Suche machen nach einer besser passenden Glaubensgemeinschaft. Und den Heilig-Geist-Junkie muss ich dringend mitnehmen, erstens um ihn vor den Kirchenleuten zu schützen und zweitens, um die Kirchenleute vor den neuen Entwicklungen zu schützen. Sonst nimmt es kein gutes Ende mit ihm und seinem jungen Glaubensleben.
Vorher muss ich aber meine Bandkolleginnen davon abhalten, ihn zum Ausnüchtern unter die Dusche zu stellen oder was den beiden sonst so einfällt.
„Ich gebe zu, ich hab euch schon oft veräppelt. Aber ich mache keine Witze: Miloš hat keine Drogen genommen und ist auch nicht besoffen. Ich hätte es mitgekriegt, denn wir haben den ganzen Vormittag zusammen verbracht, außer als er bei der Polizei war. Vielleicht können wir ja ohne ihn Musik machen, er kommt schon wieder zu sich. Okay?“
„Und was willst du spielen?“
„Harmoniemeditation?“, biete ich an.
Die beiden nicken.

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