21. Dezember 2015

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Ich hebe die Schultern. „Lehrer werden war einfacher.“
„Und das willst du bis an dein Arbeitslebensende weiter machen?“
„Hab noch nicht drüber nachgedacht, was anderes zu tun. Und es reicht ja auch, dass du vor kurzem die Stelle gewechselt hast und bei Miloš so was vielleicht im nächsten halben Jahr ansteht, wenn dein Chef mehr für ihn zu tun hat als er zwischen der Busfahrerei erledigen kann. Ich bin eher so ein beständiger Typ.“(199)
Sie grinst mich an, „Das bist du.“
Ich will gerade fragen, warum sie das so bedeutungsschwer gesagt hat, da lässt sie einen rasanten Themenwechsel folgen: „Was gibt es zu essen? Es riecht schon sehr gut!“
„Torta Verde mit Rosenkohl als Hauptperson.“
„Torta Verde? Ist das nicht eher so eine leichte Sommerangelegenheit mit Mangold?“
„Ja, aber ich habe sie der Jahreszeit angepasst. Setz dich schon mal an den Tisch.“
„Hast du einen Stammplatz?“
„Der Tisch ist eine Woche alt, so weit sind wir noch nicht gekommen. Lass dich einfach irgendwo nieder. Praktisch wäre es in der Nähe des Tresens. Da kannst du mal Besteck raus nehmen, wenn du willst.“
„Ich will! Du weißt ja, ich krame so gerne in den Schränken von anderen Leuten rum.“

Man stelle sich vor: Sie schafft es, unserem dekorationslosen Männerhaushalt Tischdeko zu entlocken. Ein Trinkglas lernt um auf Vase und meine Essstäbchen haben aus Küchenpapier eine Art Blüte bekommen und dürfen „Blume“ spielen. Ein weiteres Stück Küchenpapier hat sie an den Rändern ausgefranst und als Tischdeckchen unter den improvisierten Blumenstrauß gelegt. Typisch Frau, sag ich mal.
Sie schweigt beim Essen (nicht typisch Frau, sag ich mal …) und erweist meiner Torta Verde somit alle Ehre. Dazu trinkt sie einen leichten Rosé und ich genieße mein liebes Lieblingsbier. Es wird in einem kleinen Kloster in der Normandie gebraut und man muss schon wissen, in welchen Getränkemarkt man dafür geht. Aber mit ihren Kontakten dürfte ihr die Beschaffung ein Leichtes sein. Ihr Job ist großartig, bisher hat er nur Vorteile gebracht.

„Ich war übrigens in der Zwischenzeit nicht untätig und habe die Bandprobe auf morgen Nachmittag verlegt. Ich hoffe, du hast dann noch nichts vor.“
„Warum ist dir das eigentlich so wichtig? Hatten wir uns nicht drauf geeinigt, dass wir uns erst im neuen Jahr wieder treffen?“
„Miloš hat gesagt, dass er neue Lieder hat. Ich weiß nicht, was mit dir ist, aber ich will sie nicht erst nächstes Jahr hören, auch wenn das nur noch ein paar Tage dauert. Hinterher überlegt er es sich anders und findet die Lieder auf einmal nicht mehr gut genug – das will ich nicht riskieren. Bei dem weiß man nie.“
„Na ja … insgesamt ist er ziemlich logisch sortiert.“
„Logisch sortiert? Das ist ja mal ein hübsches Kompliment. Was ich dich fragen wollte: Wie läuft’s mit seiner Abstinenz in Sachen Frauen, Drogen, Alkohol?“
„Warum fragst du ihn das nicht selber? Wie läuft’s mit deiner Abstinenz in Sachen piesacken, respektlose Witze, lächerlich machen?“
Sie verdreht die Augen. „Hast ja recht. Ich glaube, ich mache Fortschritte. Einer zum Beispiel war, dass ich ihm den Kellnerjob vermittelt habe. Ich hoffe, er versteht das auch so.“
„Ich denke schon. Du solltest ihm allerdings nicht noch mal an den Arsch fassen. Das war ganz nah an der Grenze.“
„Aber warum hast du dann gelacht? Ich fand es lustig und er war ja gar nicht böse.“
„Es war lustig wegen der Situationskomik, aber mach bitte keine Gewohnheit draus.“

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