21. Dezember 2015

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Zehn Minuten später ist auch der Gast des Abends da.
Ich habe seinen Mantel aufgehängt und will mich wieder im Sessel niederlassen, da sagt Theodorus zu mir: „Jeremy Willem. Du wirst meinem alten Freund Willem immer ähnlicher.“
„Oh, ähm … danke … aber ich sehe doch ganz anders aus?“(197)
Schmunzelnd präzisiert er: „Ich meine nicht dein Äußeres.“
Über meinen Popp gibt es nichts schlechtes zu sagen, er war aufrichtig und untadelig, ein weiser und weitsichtiger Mensch. Und ich werde genauso? Wow. Das ist ein großes Wort.
„Danke“, wiederhole ich. „Weißt du noch mehr unbekannte Dinge über mich?“
Er lacht. „Mengenweise. Aber das hat noch Zeit.“
„Und weißt du auch was über den Miloš?“, frage ich weiter.
Theodorus mustert ihn freundlich. Schließlich sagt er: „Auch das hat noch Zeit.“
„Was hat noch Zeit? Und was weißt du über mich?“
„Aha“, sagt Mommi, „Jeremy hat es dir nicht gesagt. Theodorus ist ein Prophet.“
„Ein Prophet?!“
„Ja“, lacht sie. „Wenn er also mitten im Gespräch „ich höre es“ sagt, dann heißt das nicht, dass er unaufmerksam ist.“
„Eher im Gegenteil. Nur halt in zwei verschiedene Richtungen“, schließe ich mich an.
Er kann es nicht fassen. „Ein Prophet wie Elia im Alten Testament?“
„Ja, ungefähr. Elia hatte eine andere Arbeit zu verrichten als ich. Magst du den Elia?“
Miloš nickt. „Er ist mein Lieblingsprophet. Er ist so stark und doch ganz menschlich. Vor allem mag ich den Kampf gegen die 450 Baalspriester. Erstes Königebuch Kapitel achtzehn. Aber auch seine anderen Wunder finde ich toll. Das Alte Testament habe ich erst einmal durchgelesen, aber seine Geschichten schon viel öfter.“
„Gehst du schon lange mit Jesus?“
„Ich denke, du bist Prophet? Wieso fragst du mich dann solche Sachen?“, wundert er sich.
„Natürlich kann ich Gott danach fragen, aber sollen wir denn den ganzen Tag schweigend herumsitzen?“, amüsiert Theodorus sich. „Na komm, sag es mir.“
„Bald sind es fünf Monate. Seit dem vierten August.“
„Und hast du schon was mit Jesus erlebt?“
„Ganz viel. Zum Beispiel letztes Wochenende, da hat er–“
„Einen Moment bitte, ihr beiden“, unterbricht Mommi. „Lasst uns erst mit dem Essen anfangen. Ich kenne euch. Der eine kann nicht aufhören von Jesus zu schwärmen und der andere will immer noch eine Geschichte und noch eine Begebenheit hören.“
„Und wer ist dann wer?“, frage ich. „Das trifft doch auf beide zu?“
„Ja, eben“, lacht sie, „deswegen werden sie auch nicht so schnell fertig damit. Miloš, hol bitte Teller, Gläser und Besteck, und du hilfst mir, das Essen aufzutragen. Die Suppentassen habe ich schon in der Küche.“

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