21. Dezember 2015

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In den bisherigen Jahren habe ich in der Vorweihnachtszeit allerhand Leckeres gebacken, unter anderem mein im Freundes- und Kollegenkreis sehr geschätztes Kerstbrood. Das wird bereits Mitte November gebacken, enthält erlesene Zutaten (Trockenfrüchte, Marzipan, Mandeln, Nüsse und einiges mehr) und ruht dann sechs Wochen. Je ruhiger es ruht, desto besser wird es.
Mitte November hatte ich bekanntermaßen nicht viel Ruhe, und erst recht keine zum Kerstbroodbacken. Auch danach bin ich zu keiner meiner lieben adventlichen Tätigkeiten gekommen. Entweder hatte ich keine Zeit – oder keine Küche.
Aber das macht nichts, denn Mommi hat mehr dieser Spezialitäten unserer Familie gebacken als in anderen Jahren, die sind für uns, und zum Weihnachtsessen am 25. Dezember lädt sie uns auch ein.
Ebenfalls kommen wird ein alter Freund von ihr und Popp, der seine Familie am zwanzigsten in den Weihnachtsurlaub verabschiedet hat. Mehr Leute sind nicht zu erwarten, denn Cokko hat vorgestern morgen einen günstigen Flug nach Vancouver ersteigert, Abflug mittags,(194) und feiert mit Douglas und der kanadischen Verwandtschaft, und in Alkmaar bleibt man unter sich.

Miloš gibt sich Mühe, nicht schon wieder so einen Terz vom Zaun zu brechen, weil er ja schon wieder zu einer Familienfeier eingeladen ist und mit niemandem verwandt ist und keine Geschenke hat und so weiter, aber so ganz wohl fühlt er sich offenbar auch nicht, sonst würde er sich nicht erkundigen: „Wer ist dieser Freund von Amalia, der da sein wird?“
„Theodorus. Er war ein Schulfreund von Popp. Ich bin früher oft bei ihm gewesen, also, als ich noch klein war.“
„Ein Schulfreund von deinem Opa?“, fragt er erstaunt nach. „Wie alt ist er?“
„Da in einer Zeit geboren ist, in der anständige Männernamen mit -us endeten, schließlich heißt er ja Theodorus–“
„Sag mir doch einfach, wie alt er ist.“
„Popp ist 1927 geboren. Da kannst du dir ungefähr ausrechnen, wie alt er ist. Genau weiß ich es nämlich auch nicht.“
„Es muss ein großer Altersunterschied zwischen deinem Opa und Amalia gewesen sein.“
„Vierzehn Jahre. Das ist für die damalige Zeit nicht so irre viel gewesen.“
„Er wäre jetzt einundachtzig – sie ist siebenundsechzig?!“
„Inzwischen achtundsechzig. Warum?“, wundere ich mich über sein Erstaunen.
„Ich kenne sie nun schon eine Weile. Ich hätte beim besten Willen nicht sagen können, wie alt sie ist. So weise, als sei sie uralt, und zugleich so lebendig, als sei sie jung … also keine junge Frau, aber so, als könnte sie meine Mutter sein!“
Das finde ich lustig. „Sie könnte tatsächlich deine Mutter sein, dann hätte sie dich mit sechsunddreißig gekriegt. Nicht gerade eine junge Mutter, aber warum nicht?“
Er schnauft aus. „Wie kann sie deine Oma sein?“
Das bin ich schon oft gefragt worden. „Sie hat den Gerrit gekriegt, als sie zweiundzwanzig war. Und der hat mich gekriegt, als er siebzehn war.“
„Ehrlich, Jeremy, sag nicht immer gekriegt, das klingt schrecklich.“
Jaja. „Allerdings waren wir ja bei einem anderen Thema. Theodorus.“
„Genau“, unterbricht er. „Was hast du da über die anständigen Männernamen gesagt, die mit -us endeten? Hieß dein Popp Wilhelmus?“
„Nein, aber das lag nur daran, dass sein Vater nicht Wilhelmus, sondern Willem geheißen hat. Du weißt schon, der Willem, nach dem ich auch benannt bin. Bei so einer Tradition kann man nicht einfach ein -us anhängen.“
„Und was war los mit deinem Popp, als er die Tradition einfach aufgehört hat und seinen Sohn Gerrit genannt hat?“
„Wer sagt, dass Gerrit nur Gerrit heißt?“
„Ach so. Gerrit Willem. Na, dann weißt du ja, wie du eines Tages deinen Sohn nennen wirst. Mindestens als Zweitnamen.“
„Wer sagt, dass ich Kinder haben will?“

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