Für die Konstruktion des Tresens habe ich mich an einer Bauanleitung aus einem Buch orientiert und eigene Ideen eingebracht. Die Bauanleitung sah zum Beispiel vor, dass die enthaltenen Fächer nur von einer Seite zu nutzen sind. Ich will aber nicht für jede Gabel, die am Tisch fehlt, aufstehen und um den Tresen herum gehen, deswegen werde ich an der Vorderseite, die in den Wohnraum hineinschaut, Türen anbringen, die zu den Fächern an der Rückseite gehören.
Zugleich ist das eine gute Gelegenheit, mal im Materiallager aufzuräumen.(193) Einige der gesammelten Schätze habe ich schon sehr lange. Weiße und grüne Plexiglasstücke in diversen (zumeist kleinen) Größen, Knäufe aus bemaltem Porzellan, vier kleine Türen mit Einlegearbeiten, die von einem alten Sekretär stammen und so weiter.
Mein Zuschauer belässt es nicht beim Zuschauen, sondern assistiert mit großem Eifer. Deswegen, und weil er ja immer so auf Präzision achtet, lasse ich ihn drei mal drei Zentimeter große Plexiglasquadrate schneiden, die farblich abwechselnd in einen langen Rahmen eingefügt werden. Dahinter will ich einen weißen LED-Lichtschlauch legen; der entwickelt nicht viel Wärme und man kann ihn auch mal den ganzen Tag am Stromnetz lassen. Das wird der Hingucker zwischen den Fächern und der oberen Ablagefläche. Bei der handelt es sich um eine zweieinhalb Meter lange und gut sechzig Zentimeter breite Lärchenbohle, die Pieter mir vor Jahren geschenkt hat. Zuerst wollte ich eine Multiplexplatte verwenden, aber das Massivholz ist viel schöner. Beim nächsten Besuch wird er sich wundern …
Während Miloš noch Quadrate sägt, verschraube ich schon Seitenwände und Front am Gerüst des Tresens, die Bohle wird mit unsichtbaren Dübeln befestigt. Schließlich setze ich die restlichen gesägten Vierecke in den Holzrahmen, befestige ihn, darunter die Türen und an ihnen die Knäufe – und fertig ist der Tresen. So, wie mein Mitbewohner nun guckt, ist er baff.
„Gefällt er dir?“
Er nickt nur.
Welch ein Triumph! Er ist sprachlos!!
„Es war so einfach!“
„Na ja, man muss schon wissen, was man tut. Vor allem bei der Vorbereitung. Was ab ist, ist ab, man kann es nicht wieder dransägen. Aber insgesamt ist Möbelbau keine große Kunst.“ Ich stöpsele den Lichtschlauch in die nächste Steckdose, damit er sieht, wofür er sich zwanzig Minuten lang abgemüht hat.
„Wow“, macht er begeistert und guckt sich unser gemeinsames Werk von allen Seiten an. „Soll ich die Sachen hinein räumen?“
„Warte noch. Ich will erst die Platte ölen. Die meisten anderen Teile sind ja schon lackiert.“
„Ich habe noch nie ein Möbelstück gebaut. Und wenn jetzt einer fragt, kann ich sagen: ich habe den Tresen gemeinsam mit dir gebaut.“
„Wenn ich vorher gewusst hätte, dass es für dich so wichtig ist, mir beim Bauen zu helfen, hätte ich mit dem Tisch gewartet, bis du wieder klar denken kannst.“
„Oh, der Tisch!“, greift er das Stichwort auf, „Der sieht extrem gut aus. Er könnte aus einem teuren Möbelgeschäft kommen. Der hält bestimmt was aus.“ Er kichert.
Ich lache mit. „Zum Beispiel wenn einer drauf haut? Das hält er aus, da kannst du sicher sein.“ Als ich ihn das bisher letzte Mal bei einem seiner Yugo-Vorurteile erwischt habe, hat er wütend auf den Tisch gehauen und alles darauf hat einen Hüpfer gemacht. Ich habe mir das Lachen natürlich verkneifen wollen, aber das hat nicht lange geklappt. „Wie war es eigentlich am Freitag bei der Vernissage?“
Miloš rollt mit den Augen und winkt ab. „Die Veranstaltung sollte von zwanzig bis vierundzwanzig Uhr gehen, aber die Leute haben sich auf das Buffet gestürzt! Als hätten sie wochenlang nichts zu beißen gehabt! Wir konnten gar nicht so schnell nachfüllen und eine halbe Stunde nach Eröffnung war schon nichts mehr da. Um zehn waren dann auch die Getränke alle. Da hat Fergus mich nach Hause geschickt, weil ich ja vorher schon viel geholfen hatte.“
„Und was zahlt Merles Chef, wie heißt er noch – Herr Blaakmans?“
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