„Stimmt“, gibt sie zu. „Ich hab ein paar ziemlich schwierige Fragen … die mein Leben so bewegen … und du bist der einzige, vor dem ich das alles ausbreiten kann. Und du hörst dir die Probleme nicht bloß an und sagst deine Meinung, sondern … es ist mehr. Und du behältst die Sachen anschließend für dich. Das ist sehr … wertvoll.“
„Danke“, sage ich. „Eins muss ich aber vorher wissen. Willst du Rat fürs Leben oder willst du mich überreden, es noch einmal gemeinsam zu versuchen?“
Sie schaut mich nachdenklich an und sagt schließlich: „Jeremy, lass dir was sagen von einer alten Freundin. Die Frau, die dich mal kriegt, kann sich glücklich schätzen. Du bist in den letzten anderthalb Jahren erwachsen geworden, aber nicht auf die langweilige Art, wie das bei vielen interessanten Jungs irgendwann passiert, sondern unfassbar gut. Ich weiß, dass unsere Zeit vorbei ist, um deine Frage zu beantworten, und es ist jammerschade drum.“
„Nochmals danke. Wie kann ich dir helfen?“
Sie holt tief Luft. „Es hat mit unserem Gespräch auf Dersummeroog zu tun. Du hast mich da gesegnet und von einem Fluch freigesprochen, von dem ich dachte, dass ich ihn hätte. Hinterher ist mir klar geworden, dass das wirklich nicht deine Art gewesen wäre, und dass du deswegen wahrscheinlich so erstaunt darüber gewesen bist, dass ich davon geredet habe. Nach der Strandfete habe ich gedacht, jetzt wird mein Leben wieder geradeaus laufen. Aber es funktioniert nicht. Ich habe keine Ahnung, woran das liegt. Im Job ist zwar alles okay, aber im Privaten geht gar nichts – also mit Männern. Ich hatte geglaubt, nach dem Gespräch auf der Insel könnte ich wieder eine normale Beziehung haben. Gerne auch langfristig. Mit Miloš ist so ziemlich alles schief gelaufen, was schief laufen kann. Hat er dir was davon erzählt?“
„Kein Wort.“
„Kein Wort?!“, wiederholt sie fassungslos. „Er hat gesagt, dass er mit dir über alles redet!“
Fast bin ich es, der fassungslos „über alles?“ wiederholt, aber im letzten Moment halte ich das zurück.
„Ich wollte nicht, dass ihn das so tief … ich glaub, er ist total sauer auf mich. Das tut mir leid, ich hab ihn immer noch lieb. Weißt du, nachdem du den Fluch weggenommen hast, war ich sicher, dass meine nächste Beziehung wieder klappen würde. Aber das Gegenteil ist der Fall gewesen. Hast du eine Ahnung, woran das liegen könnte?“
„Ist das okay, wenn ich erst bete? Ich möchte dir keinen Rat geben, der nur aus mir kommt. Meine Weisheit reicht nur so weit wie mein Gehirn funktioniert. Gott kennt dich viel besser.“
„Mach nur“, lädt sie ein.
Ich stelle das Gespräch unter Gottes Segen und Führung und bitte ihn, uns beiden das nötige Verständnis für seine Worte zu geben. Außerdem bitte ich ihn darum, dass er seine Meinung sagt, damit ich nicht meine weitergebe.
Nach einem kurzen Schweigen sagt sie: „Es geht natürlich nicht nur um die Beziehung mit Miloš und was dabei falsch gelaufen ist. Da ich ja begriffen habe, dass es keinen Fluch gab, muss es mit den anderen Männern nach dir und vor ihm eine Gemeinsamkeit gegeben haben. Ich habe schon eine Weile darüber nachgedacht, aber mir fällt partout nichts ein, was das sein könnte. Die sind ja alle unterschiedlich, und die Umstände, wie ich sie treffe, sind es auch … und überhaupt. Ich verstehe das nicht.“
„Diese Gemeinsamkeit, die du da ansprichst – wo suchst du die?“, frage ich, was mir in den Sinn kommt.
Helena denkt kurz nach. „Na ja … sie sind alle unterschiedlich. Ich bin ja nicht so drauf, dass meine Kerle immer gleich aussehen müssten, alle blond oder so.“
„Wenns dir nichts ausmacht, zähl mal auf, was in den einzelnen Beziehungen seit uns schief gelaufen ist.“
Sie winkt ab. „Alles mögliche. Entweder wir hatten grundsätzlich verschiedene Ansichten zu den wichtigen Dingen im Leben oder wir haben keine gemeinsamen Hobbys oder nur total verschiedenen Humor oder … Mit Miloš hab ich dauernd über dich gestritten. Es hing mir irgendwann furchtbar zum Hals raus, dass er dich immer verteidigt hat. Egal worum es ging, niemand durfte was gegen dich sagen. Wir haben eigentlich die ganze Zeit gestritten. Es tut weh, wenn man sich liebt und doch keinen Frieden finden kann.“
Genau so dürfte das bei ihm aussehen, denke ich.(189)
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