hundertelftes Kapitel
Dienstags ist endlich noch mal ganz normal Bandprobe. Wir versammeln uns und machen ein bisschen Musik und versuchen so zu tun, als hätten unsere Bandproben nie anders ausgesehen.
„Ich bin übrigens am Freitag ein Weilchen hier gewesen und habe mir was ausgedacht“, präsentiere ich meine neue Idee und nehme die Gitarre vom Haken.
Ich spiele A-Moll, G, F und E7 an, dann bringe ich den Text dazu: „Jezus houdt van je, vergeet het nooit, nooit, nooit!”
Das Ganze wiederhole ich zweimal, dann ist die Kreativität leider am Ende.
„Hit the Road, Jack“, enttarnt Lisanne das Original. „Du solltest dir die Methode patentieren lassen, auf bestehende Lieder einen neuen Text zu erfinden. Das ist cool.“
„Uncool ist allerdings, dass mir nicht mehr einfällt. Ich melde also kein Patent an. Freiwillige vor für ein bis fünf Strophen, noch mehr Refrain oder was auch immer. Melodie und Takt müssen eingehalten werden, Sprache ist egal.“
„Ich denk drüber nach“, verspricht sie.
Ganz so normal ist der Abend doch nicht, denn zur Pause(185) deckt Merle ein paar Servietten auf den Tisch und fordert uns auf: „Feiert mit mir. Ich habe eine neue Arbeit.“
„Cool!“, „Sehr schön!“, freuen wir uns.
Derweil breitet sie auf den Servietten aus, was sie aus zwei Schachteln holt: Lachsschnittchen, Gurken-Sandwichs, Hackfleischbällchen, Brezelchen, Cracker mit Kaviar oder weißer Creme, Tomatenplätzchen, Pastetchen, belegte Baguettescheiben, Käsespieße, Remoulade-Eier, Karottenröschen und anderen Leckereien.
Dazu öffnet sie eine Flasche Sekt, gießt ihn in die letzten vier sauberen Kaffeebecher und wir stoßen an. Miloš gibt mir seine Tasse und will seine Mineralwasserflasche holen. „Es ist alkoholfreier Sekt“, sagt sie.
„Du denkst an alles.“
„Wir Dicken müssen zusammen halten.“
„Ich bin nicht dick!“, bemerkt er pikiert.
„Aber du hast zugenommen. Seit dem Sommer. Nicht viel. Fünf Kilo, schätze ich.“
Verdattert starrt er sie an. „Woher weißt du das?“
Merle lacht wiehernd. „Ich hab doch Augen im Kopf! Aber mach dir nichts draus, es sieht super aus. Vor allem hier.“ Sie klapst ihm auf den Hintern.
Reflexartig fasst er sich an das gelobte Körperteil, was dazu führt, dass wir übrigen noch mehr lachen. Misstrauisch fragt er: „Soll das jetzt ein Kompliment sein?“
„Was hätte es sonst sein können?“
Bevor er noch so ein Kompliment riskiert, setzt er lieber auf ein Stück Sicherheitsabstand.
Grinsend nimmt sie das zur Kenntnis und informiert mich: „Bis auf die Mettperlen ist alles ohne Fleisch.“
„Mettperle!“, wundere ich mich und kann der Versuchung nicht widerstehen: ich nehme eine, rieche dran (köstlich) und zerteile sie, um die Konsistenz zu prüfen. Tja, und was mache ich nun damit? Ich kann sie ja schlecht zurück zu den anderen legen!
„Was hast du für das Buffet gezahlt?“, erkundigt sich Lisanne.
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