Weil er nicht antwortet, entsteht ein Schweigen, zu dessen Ende wir ihn alle angucken. Abrupt erhebt er sich, „Ich rufe sie an.“
„Du kannst mein Telefon nehmen“, bietet sie an, als wüsste sie, dass es ein bisschen länger dauern könnte.
„Was ist denn los?“, fragt Cokko mich, kaum dass wir nur noch zu dritt dasitzen.
„Wie kommst du drauf, dass etwas los sein könnte?“, weiche ich aus.
„Na, er benimmt sich ja sonst nicht so. Was ist passiert zwischen Miloš und Lisanne?“
„Das fragst du ihn besser selber.“
„So schlimm?“
„Du sollst nicht rumspekulieren, sondern du sollst ihn selber fragen“, bremse ich ihn aus. „Und wenn du unbedingt über meine Freunde nachdenken musst und warum sie nicht hier sind, warum denkst du nicht über Pieter nach?“
Grinsend lässt er sich ablenken. „Sag mal, was ist eigentlich mit Pieter? Der faule Sack könnte sich mal hier blicken lassen! Bei seinem Umzug warst du ja auch dabei.“
„Pieter ist die ganze Woche in Bremen auf Fortbildung. Gestern Abend ist Becks zu ihm gefahren, sie wollen sich die Stadt ansehen. Übrigens, warst du schon in Bremen?“
„Nein, ich war noch gar nicht in Deutschland. Warst du mal dort?“
„In Bremen?“ Weil er nickt, rede ich weiter: „Ja. Bremen ist sehr gemütlich.“
„Du nennst eine Stadt gemütlich?! Das will ja was heißen! Ich muss dringend hin.“
„Das kommt noch schlimmer: Ich nenne eine Großstadt gemütlich. Bremen ist ungefähr so groß wie Den Haag und auch als Patriot muss ich sagen, Bremen ist wunderschön.“
„Das hat ja nichts mit Patriotismus zu tun“, schmunzelt Mommi.
Auf dem Weg zum Klo komme ich am Wohnzimmer vorbei. Durch das geriffelte Glas in der Tür sehe ich, dass er noch telefoniert, aber zu hören gibt es nichts.
Nach Verrichtung meines Geschäfts kann ich wieder ein paar Sekunden lang lauschen; also ich könnte. Theoretisch. Aber er ist noch nicht gesprächiger geworden. Entweder hört er aufmerksam zu(181), oder ihm fällt nichts zu sagen ein. Das wäre dann kein gutes Zeichen.
Kurz nach mir betritt Miloš den Raum. Seine Mimik lässt auf nichts schließen, aber seine Bewegungen. Er will nichts reden. Er will am liebsten ganz alleine sein. Und vielleicht einen Marathon weit weglaufen. Oh je. Er stellt das Telefon weg, setzt sich aber nicht zurück an seinen Pfannkuchen, sondern bleibt an den Küchenschrank gelehnt stehen. Und das heißt, dass ihm der Appetit vergangen ist. Das passiert nicht so leicht – erst recht bei Mommi.
„Macht sie mit?“, will Cokko wissen.
„Sie hat keine Zeit.“
„Und für die Information habt ihr eine halbe Stunde lang gequatscht?“, grinst er.
„Nein.“
„Sondern, worum ging es noch?“
„Es war keine halbe Stunde.“
„Dann waren es halt zwanzig Minuten!“, schnaubt er lachend, „Worum ging es?“
„Es waren nicht zwanzig Minuten.“
Mommi hat einen guten Rat für ihn: „Sag ihm doch einfach, dass es ihn nichts angeht, worüber du mit Lisanne geredet hast.“
„Genau“, mische ich mich ein und erkläre meinem Bruder: „Du hattest eine Chance zu hören, worüber sie geredet haben. Du hättest schweigend abwarten müssen. Aber du hast deine Chance verspielt. Pech gehabt.“
„Wie, schweigend abwarten? Wenn ich etwas wissen will, dann frage ich nach. Wenn es mich nicht interessiert, halte ich den Mund.“
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