„Es sollte ja eine Überraschung sein.“
Wortlos ziehe ich ihn zu mir und nehme ihn fest in den Arm.
Cokko hat in der Zwischenzeit den ersten Gartenstuhl hereingeholt, jetzt ist das ja ein Klacks, da alle Türen wieder aufgehen. Er putzt die Nässe herunter, „Wohin damit?“
„Hier an die Pfeiler“, bestimme ich. „Ich brauch was Heißes. Kaffee, Tee oder Brühe?“
„Brühe“, sind sie sich einig.
Ich setze Wasser auf und dann holen wir die übrigen Gartenmöbel ins Haus. Das große Zimmer sieht gleich ein bisschen wohnlicher aus – aber nur ein sehr kleines Bisschen. Nächste Woche werde ich Holz kaufen für das Regal und gründlich über den Tresen nachdenken. Er könnte anstelle der entfernten Wand einen optischen Abschluss für den Wohnraum bilden. Die Pfeiler tun dem Raum jedenfalls sehr gut und man kann endlich, wie es sich für ein anständiges Haus gehört, von der Straße bis in den Garten hindurch gucken.
Der Architekt von Herrn de Vos hat eine hervorragende Idee gehabt. Wenn wir eines Tages eine Einweihungsparty machen, will ich ihn dabei haben. Und Herrn de Vos auch.
Als Cokko uns irgendwann später verlassen hat, ergebe ich mich: „Wenn das unbedingt sein muss, kannst du mir jetzt erklären, wie du dir deine Karriere im Musikbusiness vorgestellt hast. Ich höre bis zum Ende zu, versprochen.“
Er winkt ab. „Das ist nicht mehr aktuell.“
„Wie, nicht mehr aktuell?“ Ich habe wochenlang Angst davor, dass er weggeht und er will das gar nicht mehr?!
„Es wird keine Karriere im Musikbusiness geben.“
„Aber du warst dir doch so sicher?“
„Ja, aber jetzt bin ich mir sicher, dass es keine geben wird“, blockt er ab.
Ein Schweigen entsteht. Ich traue mich nicht, es zu unterbrechen, denn diese Art von Schweigen heißt mit Zweitnamen Kompromiss. Es ist sein Versuch, die Dinge, die auch mich betreffen, nicht nur mit sich alleine klar zu machen. Weil er aber sein Leben alleine verbracht hat, nachdem Milan nicht mehr bei ihm war, hat er darin nicht viel Übung. Oft ist es aber so, dass er nach dem Abblocken ein Thema schließlich doch in gewohnter Präzision definiert – wenn man ihn vorher nicht schon mit Fragen genervt hat.(180) Unser ganzes Zusammenleben ist ein komplizierter Lernprozess, gespickt mit Dingen, die man falsch machen kann. Zum Glück mögen wir uns, sonst würden wir uns das keinen Tag lang antun.
Er trinkt seine Tasse leer, holt neues heißes Wasser und rührt sich die nächste Brühe an. Im Kühlschrank haben wir Brot gefunden, das stippen wir hinein. Es ist fast wie ein Abendessen.
„Ich habe vorgestern Morgen mit Amalia gesprochen, ich wollte wissen, warum du dich so aufregst über meine Pläne. Vor allem hat mich stutzig gemacht, dass du seit fast zwei Monaten jedes Gespräch dazu verweigerst. Das ist ja sonst nicht deine Art. Ich hatte erwartet, dass sie mir etwas über dich erklärt, das hätte es für mich leichter gemacht. Aber das hat sie nicht getan. Stattdessen hat sie mir etwas über mich erklärt, das mir überhaupt nicht geschmeckt hat. Aber sie hat recht.“ Er macht eine Pause und rührt in seiner Tasse.
„Ich bin viel herumgekommen und das war wichtig für mich. Aber wenn du nur eine Tasche voll Sachen hast und kaum Ansprüche an die Unterkunft, ist es einfach, unterwegs zu sein. Amalia hat mich daran erinnert, dass das nicht mein Normalzustand ist. Ich wollte nie aus Peckovar weggehen, da waren ja meine Freunde und die Familie. Das ist der erste Punkt, weshalb ich Zuyderkerk nicht verlassen werde. Ich muss mich wieder daran gewöhnen, sesshaft zu sein, das wird noch ein paar Mal wieder kommen und vielleicht schwer für mich sein … vielleicht auch für dich … aber du kannst sicher sein: Ich bleibe bei dir, denn du bist mein Freund und meine Familie.“
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