16. Dezember 2015

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„Du bist auch so ein Spezialist.“ Ich verteile den Rest Pudding und fange ein anderes Thema an: „Wann hast du die Führerscheinraten abbezahlt?“
„Zum Jahresende. Warum?“
„Hast du nicht mal drüber nachgedacht, den Förderverein einen Förderverein sein zu lassen und dir eine andere Arbeit zu suchen, bei der mehr Geld rumkommt und du bessere Arbeitszeiten hast?“
„Ja, habe ich. Aber es käme mir wie Verrat vor.“
„Verrat? Weil sie dir den Führerschein vorfinanziert haben? Die haben dir auch jede Menge Arbeitsbereiche versprochen und was hast du davon?“
„Nein, das meine ich nicht. Verrat an den Kindern. Ich würde sie nie wieder sehen. Sie vertrauen mir. Und ich kann für sie beten und sie segnen.“
„Musstest du nichts unterschreiben, dass du deine religiöse oder politische Gesinnung nicht weitergeben darfst?“
„Nein, du etwa?“
„Natürlich. Das muss jeder unterschreiben, der an der MBB anfängt. Eigentlich ist das ein weiteres Zeichen dafür, dass sie dich nicht so richtig ernst nehmen. Es ist ungeheuer praktisch, dass du die Kinder abholst und nach Hause bringst und oft auch auf Abruf in der Schule rumhängst, damit die Kinder völlig flexibel von A nach B gefahren werden können. Sie könnten deinen Einsatz ein bisschen mehr wertschätzen.“
„Ja, könnten sie. Aber wie soll ich das machen? Ich kann nicht zu ihnen hingehen und sie an die Versprechen erinnern. Ich weiß nicht, wie ich das machen soll.“
„Liegt das an der Sprache? Wir könnten es als Rollenspiel üben. Ich bin die Vorsitzenden und du bist du.“
„Nein, das liegt an den Vorsitzenden vom Förderverein. Ich habe dir gesagt, dass ich sie nicht einschätzen kann.“
„Ja, stimmt. Das hast du. Aber wer ist der Obervorsitzende und der Obereinschätzer und vor allem der Oberwertschätzer?“
„Jesus!“, grinst er. „Aber ich habe schon sehr oft mit ihm darüber geredet und er antwortet leider nicht. Amalia hat gesagt, in so einem Fall soll ich weiter Bus fahren und den Schulhof kehren, bis er antwortet. Wer im Kleinen treu ist, den kann er für Großes einsetzen, sagt sie. Also erledige ich meine kleinen Aufgaben und warte ab, bis er mir größere gibt.“


hundertsiebtes Kapitel

Wir sind gerade im Hausflur angekommen, als es bimmelt. Er durchwühlt seine Taschen und begrüßt den späten Anrufer: „Hallo Cokko.“
„Hallo Brüderchen!“, rufe ich und gehe schon vor ins Bad.
Miloš jedoch folgt mir und zieht mich zu sich, damit ich mithören kann. Jetzt könnten wir fast eine Telefonkonferenz veranstalten, aber ich halte mich zurück.
„Na, wie läufts mit dem Renovieren?“, will mein Bruder wissen.
„Heute hat Merle geholfen, deswegen kommen wir ganz gut voran. Aber ich habe keine Lust mehr. Jahrelang bin ich mit meiner Tasche durch Europa gezogen, das war okay. Aber kaum lasse ich mich irgendwo nieder und habe mehr Zeug als was in sie passt, werde ich zum Kartonnomaden.“
Woher kennt er bloß solche Wörter? Kartonnomade!
Mein Bruder wundert sich auch. „Gibt es das Wort wirklich oder hast du es erfunden?“
„Welches?“
„Kartonnomade!“
„Das heißt, dass ich so halb sesshaft meinen Lebensinhalt in Kartons–“
„Du brauchst es nicht zu erklären, das geht aus dem Zusammenhang hervor“, bremst Cokko ihn aus. „Und was ist das wahnsinnig viele Zeug, das du jetzt mehr hast?“
„Hauptsächlich sind es Bücher. Godfried hat mir auf einem Literaturflohmarkt Lieblingsbücher für zwanzig Euro gekauft. Er findet, man muss eigene Bücher haben. Für zwanzig Euro erhältst du auf dem Flohmarkt eine ganze Menge Papier. Zum Glück habe ich mir bisher kein Bücherregal gekauft, sonst müsste ich das auch noch durch die Gegend schleppen.“
„Es wäre mir eine Ehre, wenn du mich das bauen lässt“, werfe ich ein.
„Haha, Jeremy, manchmal redest du wie ein Buch!“
„Buch oder Comic?“, lacht Miloš.

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