Es wird Kartoffelsuppe mit Röstbrot geben, das geht schnell und tut gut. Während der Zubereitung erfahre ich, dass Merle schon öfter Streit gehabt hat mit ihrem Arbeitgeber, dem ein Restaurant in Alkmaar gehört, und dass der sie regelmäßig beschuldigt hat, sich an den Speisen zu bedienen und es nicht anzuschreiben. Sie vermutet, dass der Chef es auf die Dicken abgesehen habe, denn die schlanken Kollegen haben sich nie solche Vorwürfe anhören müssen.
Heute hat sich ein Gast sehr daneben benommen und ihr schließlich an den Busen gegrabscht, daraufhin hat sie ihm eine gescheuert und ist rausgeflogen. Arbeitsrechtlich könnte man da natürlich noch was machen, das hat auch der Koch gesagt, der die Problematik kennt, denn er wiegt 120 Kilo, aber sie wollte ohnehin schon lange die Stelle wechseln. Ein Lieferant hat mehrfach versucht sie abzuwerben, damit sie den Wareneingang seines Feinkosthandels auf Vordermann bringt. Bei dem will sie sich nächste Woche melden.
Ich decke den Tisch(172) und wir beginnen zu essen.
„Sag mal, was wird jetzt eigentlich mit der Band?“, nimmt sie sich nach dem Essen ein anderes Thema vor.
Ich verstehe die Frage nicht. „Was soll mit der Band werden?“
„Na, wenn Lisanne weiter mit Zoran zusammen ist … Miloš ist da ja nicht so glücklich drüber. Wie geht der damit um? Ich hatte ihn gefragt, aber er redet nicht mit mir.“
Tja, das liegt vermutlich an deinem „robusten“ Umgang mit ihm! Aber das sage ich nicht. „Vorgestern hat er mit Zoran telefoniert–“
„Worum ging es?“, unterbricht sie mich.
„Weiß ich nicht, sie haben serbokroatisch gere–“
„Meinst du, die reden so, weil sie was vor uns verheimlichen wollen?“, fährt sie mir schon wieder in die Parade.
„Nein. Zoran hat mir gesagt, dass er sich auf kroatisch weniger konzentrieren muss. Das dauerte bestimmt eine halbe Stunde. Ich denk mal, sie haben sich ausgesprochen. Und was Lisanne betrifft … da muss man dann mal gucken. Ich glaube aber nicht, dass Miloš gemein mit ihr umgeht, das ist nicht seine Art.“
„Nein, eher ist er meist freundlich und manchmal ziemlich laut, was?“
Kopfschüttelnd gucke ich sie an. „Wieso zitierst du das immer wieder?“
„Weil ich das voll faszinierend finde, wie es zwischen euch knallt und ihr euch trotzdem immer wieder vertragt und so. Dass ihr beide so emotionale Typen seid. Da kommt man ja auf den ersten Blick nicht unbedingt drauf.“ Sie macht eine kleine Pause, bevor sie fragt: „Worum ging es denn, als ihr euch im Coec gestritten habt?“
„Wir haben uns nicht gestritten. Wir haben uns mit gehobener Lautstärke ausgetauscht. Und worum es ging, sag ich dir nicht. Und wenn du jetzt anfängst zu maulen, nutze ich mein über dich gewonnenes Wissen gnadenlos aus und jag dir den Miloš auf den Hals.“
Sie pfeift durch die Zähne. „Eine ernstzunehmende Drohung. Soll ich mich stattdessen lieber um deinen Nacken kümmern? Kribbelt der linke Arm übrigens noch?“
„Ja, aber nicht mehr so doll wie gestern.“
Merle klappt im Wohnzimmer eine Massageliege auf, die da ein Loch hat, wo man sonst den Kopf hinlegen würde. Da man ja meist auf dem Bauch liegt beim Massiertwerden, lehnt man also die Stirn gegen den Rand des Loches und hat es dann ein bisschen bequemer.
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