15. Dezember 2015

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Die Stufen sind zuletzt dunkelgrün lackiert worden, darunter schaut aber rotbraun hervor und vielleicht auch weiß; die trübe Beleuchtung lässt keine genaue Angabe zu. Auf meiner Liste hinten links im Gehirn erscheint die Notiz „anständige Beleuchtung für die Treppe bauen“. Der Handlauf ist von der Farbkleckserei verschont geblieben, es ist ein dickes Tau. Es ist todhässlich und fühlt sich eklig an.
Ich gehe ins Wohnzimmer und hole Stift und Schreibblock aus der Werkzeugkiste. Hinten links ist nämlich nicht viel Platz und oft geht etwas verloren.
  • Beleuchtung für die Treppe
  • neuer Handlauf
  • beim Bosvelt Schleifgerät ausleihen, Stufen abschleifen
Den alten Bosvelt habe ich lange nicht auf der Straße gesehen, hoffentlich geht es ihm gut.

Dann begibt Miloš sich dran, die Wände von den alten Tapeten zu befreien und sie für die neuen vorzubereiten, und das tut er nach Absprache in folgenden Räumen: den beiden Zimmern unterm Dach, dem Treppenaufgang und dem Flur im Erdgeschoss. Das Bad kriegt keine Tapete, sondern einen latexhaltigen weißen Anstrich.
Ich bin derweil mit messen, zeichnen und rechnen beschäftigt, ich fahre nach Hause und säge, transportiere Bretter durch die Altstadt, fahre zum Baumarkt, kaufe Latten und komme zurück, bohre, schraube, schimpfe, fahre erneut zum Baumarkt, habe endlich alles beisammen, bringe die Latten und Querstreben an, befestige die Einlegeböden sowie die Schiebetüren der Fächer. Gleich darauf entferne ich die Türen, weil ich etwas vergessen habe, säge runde Grifflöcher hinein, schleife die Kanten glatt und bringe sie wieder an.
Das ist mir wirklich gut gelungen! Die Türen rollen leicht auf ihren Lagern. Nichts klemmt! Die Böden liegen auf Holzdübeln auf, die ich in die Querstreben gesteckt habe. Nichts wackelt! Sie sind nicht wie in professionellen Schänken höhenverstellbar, aber es gibt ja genug Auswahl innerhalb der Fächer eines Raumes. Und wenn so ein Brett zuviel ist, kann man es herausnehmen. Irgendwann später werde ich die Einzelteile klar oder weiß lackieren; dafür ist es im Moment zu staubig.
Miloš hat aus dem plötzlichen Fehlen des Baulärms geschlossen, dass ich wohl fertig bin und betritt mein Zimmer, in das noch ein Restchen Sonnenlicht scheint.
Zufrieden lehne ich mich an die Giebelwand und beobachte, wie er bewundernd die Türen aufschiebt und hineinguckt.
Leider macht er meine triumphale Stimmung gleich darauf kaputt, indem er fragt: „Können wir vielleicht jetzt mal über meine Ideen zum Musikbusiness reden?“
„Nein.“
„Du hattest gesagt, wir würden später darüber reden, ist denn jetzt nicht später?“
„Warum ist es dir so eilig, hast du etwa schon ein Angebot von einer Band gekriegt? Warum sagst du mir das nicht, bevor ich mir die ganze Mühe hier mache?“
„Jeremy, bitte. Ich möchte dir erklären, wie ich das gemeint habe.“
Auch wenn ich mich kindisch aufführe: „Ich will aber nichts dazu hören.“

Gegen sieben bringt Mommi ein Abendessen vom Pizzabäcker, will alles sehen und findet alles toll. Vor allem die brandneuen Dachschrägenschränke, die Miloš ihr wie eine Weltsensation präsentiert. „Wo habt ihr denn Tisch und Stühle aufgebaut?“, will sie wissen, obwohl sie gerade noch in allen Räumen war.
„Gibt bisher keine. Ich muss erst einen neuen Tisch bauen, weil meiner ja zum Runterklappen ist, der hat nur ein Bein. Im Übrigen bleibt er, wo er ist, der Nachmieter zahlt mir fünfzig Euro dafür, weil er froh ist, dass er sich keinen neuen fürs doppelte Geld kaufen muss.“
„Und der Balkontisch? Könnt ihr den nicht solange verwenden?“
„Ohne das Balkongeländer kann er auch nicht stehen.“ Den allerdings will der Nachmieter nicht kaufen; er braucht jeden Quadratzentimeter, um seine Kaninchengehege aufzustellen.

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