15. Dezember 2015

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„Er hat sich entschuldigt“, betont er. „Es tut ihm wirklich leid, sagt er, dass er uns so lange hat suchen lassen. Und er sagt auch, dass die Küche ziemlich klein ist. Aber früher war das eben so, da sollten die Wohnzimmer groß sein und nicht die Küche. Mein Plan ist, dass wir morgen anfangen, die obere Etage zu renovieren. Dann stellen wir unsere Sachen ein und können uns um diese Wohnung kümmern. Bis wir hier fertig sind, sind dort die Bauarbeiten abgeschlossen und wir machen auch die unteren Zimmer hübsch.“
„Gute Idee“, trällere ich, „Wir haben eine Wohnung! Ich muss gleich Mommi anrufen! Und Cokko! Und Pieter! Wir haben eine Wohnung!“


hundertdrittes Kapitel

„Welches Zimmer willst du haben?“, fragt Miloš mich, als wir am nächsten Morgen das Haus betreten. Den ganzen Renovierungskram und das Werkzeug und alle Sachen stellen wir im Wohnzimmer ab, wir werden es etappenweise herauf holen.
„Hab noch nicht drüber nachgedacht. Die sind ja beide gleich, also ist es eigentlich egal.“
„Nein, das zur Straße hinaus ist viel größer.“
„Viel größer? Das klingt, als könnte man eine ganze Familie drin unterbringen.“
„Es gibt sehr kleine Familien. Du hast die Zimmer noch nicht leer gesehen, sonst hättest du es auch bemerkt.“ Vor mir her ersteigt er die Treppe. „Die obere Etage ist ungefähr bei zwei Dritteln geteilt, also zwei Drittel vorne, eins hinten. Im vorderen Teil ist dann noch die Treppe untergebracht. Das mit den Dritteln hat mir Herr de Vos gesagt.“
Er öffnet beide Türen. Das Zimmer zur Rechten ist leer, das zur Linken ist gefüllt mit Sonnenschein. Weil es noch früher Vormittag ist, heißt das, dass das vordere die Sonne nachmittags abbekommt; zumindest solange der Baum auf der gegenüberliegenden Straßenseite keine Blätter hat.
„Welches willst du denn haben?“, gebe ich die Entscheidung zurück. Ich hätte das vordere nicht „viel größer“ genannt, aber größer ist es schon.
Direkt unterm Dachfirst dürfte das Zimmer zwei Meter und zwanzig Höhe haben. Es ist ein bisschen wie im Indianerzelt. Dabei fällt mir auf, dass wir ein Platzproblem bekommen wer­den, denn Schränke kann man unter diesen Bedingungen ja höchstens als Raumteiler aufstel­len. Warum habe ich über solche Sachen nicht bei der Besichtigung nachgedacht? Statt dessen enthalten die Zimmer jede Menge nicht nutzbare Fläche. Man muss zwar weniger Miete zah­len, aber was hat man davon?
Miloš kriecht in einen dieser toten Winkel, weil ganz hinten ein kleiner Gegenstand liegt, den Brouwers übersehen haben müssen.
Plötzlich, während die Vorwürfe durch meinen Kopf hallen, kapiere ich den Fehler. Genau jetzt muss ich mich entscheiden: Will ich, dass Jesus uns zu diesem Haus verholfen hat, und zwar im Zeitraum Menschen-Jetzt? Und will ich dieses Geschenk daher auch mit allen Win­keln annehmen? Oder will ich mal wieder für alles selbst zuständig sein?
Weil mir die Geschenk-Variante mehr zusagt, beschließe ich, dass für Platzprobleme kein Platz ist. Wer sagt, dass unsere Schränke sein müssen wie die im Möbelhaus? Ich werde welche in diese Winkel hineinbauen.(169) Im Werkstattwohnzimmer steht noch reichlich Holz; unsere Umzugshelfer werden froh sein, wenn sie das nicht schleppen müssen.
„Was hast du da gefunden?“, frage ich.
„Es war nur Müll. Über was denkst du nach?“
„Schränke. Von hier an“, ich gehe zur Schräge hin und tippe in etwa einem Meter Höhe an die Wand, „durchgehend von vorne bis hinten. An beiden Seiten. Hoch genug, um eine Kleiderstange einzuziehen. Oder wolltest du deine Klamotten weiter in der Sporttasche lagern?“
Er strahlt mich an. „Das ist so toll bei dir. Für jedes Problem gibt es eine Lösung – zumin­dest solange du Werkzeug nutzen kannst. Wann wirst du die Fächer bauen?“
Ich hebe die Schultern. „Wäre ja hilfreich, wenn sie schon vorm Umzug da sind.“
„Das stimmt.“
Dabei fällt mir auf: „Komisch, dass Brouwers nicht auf die Idee gekommen sind. Die hatten Koffer und Kartons da stehen. Aber das staubt ja alles ein.“
„Die hatten halt keinen Handwerker im Haus.“
„Also, ich rechne gleich alles aus und wenn du die Tapeten alleine abmachen könntest, kann ich die Schränke einbauen. Ursprünglich waren wir allerdings bei der Frage, welches Zimmer du haben willst“, erinnere ich.
„Wenn das für dich okay ist“, zögernd hält er inne.
„Es ist für mich okay. Welches willst du?“

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