15. Dezember 2015

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Ich fange mit Apfel-Kürbis an. „Normalerweise redest du fast so schön wie David Kuiper und heute nuschelst du nur halbe Sätze? Da frag ich doch mal, was los ist. Komm, setz dich hin und denk nicht mehr über Wurst nach. Vielleicht ist die Ineke auch Vegetarier.“ Wenn wir noch einmal bei ihr pennen, werde ich ihr ein Sortiment meiner Marmeladen mitbringen, zum Beispiel Kürbis-Möhre-Pfeffer. Dieses Mal ist unser Gastgebergeschenk ein Blumenstrauß, den Merle gestern auf der Hinfahrt gekauft hat.
„Was meinst du damit, ich rede fast wie David Kuiper?“ Endlich räumt er die Frischhaltedosen wieder in den Kühlschrank ein und kommt zu Tisch und Käsebrot zurück.
„Ich verschlampe oft die letzten Buchstaben. Und ich rede viel Umgangssprache. So was wie „hab noch keinen gehört“ sage sonst eher ich. Von dir kriegt man dann zu hören: „Ich habe noch keinen gehört“. Merkst du den Unterschied?“
„Ja. Worauf willst du hinaus?“
„Siehste, genau das. Ich hätte gesagt: Worauf willst du raus. Deswegen wunder ich mich … da war es schon wieder, du hättest gesagt, deswegen wundere ich mich … also, ich wunder mich, dass du neuerdings auch so redest.“
„Kann ein Sprachlehrer sich das überhaupt leisten, so unsauber zu reden?“
Jetzt lache ich. „Nein, kann er nicht. Zum Glück fällt das bei uns nicht sehr auf, weil alle so reden. Deswegen hab ich mir auch keine Schule in Den Haag gesucht.“ Auf der zweiten Brotscheibe verteile ich Brombeere-Nektarine.
„Und wieso rede ich so? Ich war noch nie in Den Haag!“
„Du liest viel und verbringst Zeit mit Leuten, die auf ihre Sprache achten. Wenn man mal von mir absieht.“
„Du bist ein schlechter Einfluss für mich“, grinst er, „Ich werde mich in Zukunft von dir fernhalten.“
„Mach das“, grinse ich mit. „Ich bin übrigens sehr stolz auf dich. Du hast dich gestern hervorragend beherrscht.“
Er schnaubt abfällig, „Weil ich weder Vedran noch Zoran verprügelt habe oder was?“
„Nein, du hast mehrfach Schnaps angeboten bekommen und doch keinen einzigen Tropfen getrunken.“
„Gestern war ich ziemlich sauer über den Schwur, aber eben beim Aufwachen war es toll. Augen auf, klar im Kopf. Das war das Beste am ganzen Morgen.“ Er winkt ab, „Ich habe mal wieder so eine Jeremy-erklärt-die-Welt-Frage.“
Wird es darum gehen, wie Jesus über Eifersucht denkt? „Rück raus.“
„Wie werde ich Niederländer?“
Ich verschlucke mich an meinem Marmeladenbrot! Miloš springt auf, zieht meine Arme hoch und hämmert auf meinem Rücken herum.
„Schon gut, schon gut“, wehre ich mich ächzend und befreie meine Handgelenke.(167) „Staats­angehörigkeit ist Politik und das ist Godfrieds Abteilung. Wie kommt’s, dass du auf einmal darüber nachdenkst?“
Nun betritt Lisanne die Küche. „Hallo ihr zwei“, seufzt sie glücklich.
„Reden wir später weiter drüber“, legt er fest.

Wenn sie nicht verträumt vor sich hin schaut, füllt sie unsere Ohren mit Beschreibungen über ihren Liebsten, die Liebe, das Leben an sich und alles übrige aus diesem Themenkomplex. Nach vergleichsweise kurzer Zeit steht Miloš auf, stellt sein Geschirr auf die Spüle und gibt bekannt: „Ich geh laufen.“
Nach der Mahlzeit? Das sind ja ganz neue Sitten! Außerdem hat er keine Laufschuhe dabei.(168) Unter den Voraussetzungen kann ich auch mal sportlich sein. „Warte, ich komm mit.“

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