„Oh weia, so dramatisch ist es?“, belustigt sie sich.
Nein, er rastet nicht aus. Ganz ruhig sagt er: „Das hier ist nicht der geeignete Moment um Witze zu machen. Geh bitte.“
Skeptisch guckt sie uns an, nimmt etwas aus ihrer Tasche und verlässt dann kopfschüttelnd mit „Wie ein altes Ehepaar“ die Garderobe.
„Ich habe sie nicht gefragt, weil Gott mir gesagt hat, ich soll ein Jahr lang Single sein. Ich kann sie doch nicht fragen, ob wir in einem Jahr was miteinander anfangen. Kann ich denn ahnen, dass dieser kroatische Scheißkerl sich sofort an sie ranschmeißt?“
„Lass Zoran da raus, der kann überhaupt nichts dafür. Das ist nur ein Dings zwischen Lisanne und dir. Das heißt, genauer gesagt ist es nur deine Sache. Hast du echt geglaubt, dass sie auf dich wartet, bis du dein Jahr rum hast, wenn du ihr nicht mal sagst, dass du mehr willst als ihr bester Freund zu sein?“
Weil er nichts sagt, lege ich nach: „Du kannst nicht verlangen, dass sie deine Gedanken liest, du musst ihr schon sagen, was Sache ist. Im Moment würde ich das allerdings lassen, der Zeitpunkt ist ungünstig.“
„Und was mache ich jetzt?“, will er frustriert wissen.
„Abwarten. Entweder gehören die beiden zusammen, dann wäre es mit dir eh’ nichts geworden, oder sie trennen sich, dann kannst du sie immer noch fragen, ob sie bis September auf dich wartet.“
„Tolle Aussichten.“ Er holt tief Luft, hält sie ein paar Sekunden an und lässt sie dann ab. „Jeremy, am liebsten würde ich mich jetzt besaufen.“
„Fällt dir nichts anderes ein, wie man mit so einer Situation umgehen könnte?“
„Doch, ich versuche es gerade. Ich rede mit dir darüber. Kannst du mir helfen?“
Das will ich gerne tun, aber eins muss ich vorher noch wissen: „Ist das meine Verantwortung, weil ich Zeuge war bei deinem Schwur?“
„Nein, das hat nichts miteinander zu tun. Es ist meine Verantwortung. Und ich frage ja auch gar nicht den Zeugen, sondern meinen besten Freund.“
„Ach so“, mache ich. „Tja, dann würd ich empfehlen, wir holen uns eine große Cola oder so, fangen Merle-Perle ein und mischen mit ihr die Tanzfläche auf.“
Er brummt mal wieder irgendwas, aber es klingt überhaupt nicht serbisch. Drum frage ich: „Was hast du gesagt?“
„Statt Ménage à trois ein Pas de trois? Na ja, warum nicht“, wiederholt er.
„Was heißt das?“
Er winkt ab.
Ich wache mittags auf. Nachdem ich im Bad war, packe ich schon meinen Kram zusammen und auf dem Weg zum Frühstück bringe ich die Tasche in den Flur, wo Miloš’ Sachen bereits stehen. In der Küche ist er damit beschäftigt, den Kühlschrank auszuräumen.
„Was machst du da?“, erkundige ich mich gähnend.
„Morgen“, muffelt er mit vollem Mund. Auf dem Tisch liegt ein halb gegessenes Käsebrot.
Ach, er ist immer so wahnsinnig förmlich! Erst muss man sich begrüßen. Aber das werde ich ihm schon noch abgewöhnen, irgendwann. Bestimmt. „Mittag“, korrigiere ich ihn. „Was suchst du?“
„Wurst.“
Ich lasse mich bei seiner Kaffeekanne nieder. „Pennen die anderen noch?“
„Hab noch keinen gehört.“
Dann hat er das Geschirr für mich hingestellt. „Bist du schon lange wach?“ Ich nehme mir Brot und sichte die Marmeladengläser, die auf dem Bord oberhalb des Tisches stehen. Alle haben ein handschriftliches Etikett, das ist gut. Ich liebe es fremde Marmeladen zu probieren.
„Stunde oder so.“
„Was ist denn los?“
„Was soll los sein?“, fragt er zurück und lässt nicht von seiner Sucherei ab.
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