Wir fangen schon mal an, den Transporter zu beladen; als wir gerade zum zweiten Mal im Proberaum sind, stößt Merle zu uns. „Tag zusammen“, grüßt sie.
„Hallo Merle. Wo ist denn Lisanne, hast du sie nicht mitgebracht?“
„Doch, aber sie ist unten geblieben, wir dachten, das wäre praktischer.“ Skeptisch guckt sie zwischen uns hin und her. Aber es scheint ganz so, dass sie sich damit zufrieden gibt, dass wir wieder miteinander reden. „Wenn sie heute alleine bei Zoran mitfährt, kann sie unterwegs den Fuß hochlegen.“
„Von mir aus okay“, sagt der.
„Dann müssen wir aber einen genauen Plan machen, wie wir uns in deinem Auto zusammen falten, damit wir hinterher auch wieder raus finden.“
„Du gehst nach hinten, du bist nicht so groß und Jeremy kann vorne sitzen. Das wird schon. Kommt die Gitarre übrigens mit?“, will sie von mir wissen.
„Ich hab nichts geplant, aber pack sie mal ein.“
Nun wendet sie sich an Miloš: „Wieso trägst du im Gebäude die Sonnenbrille? So irre grell scheint die Sonne hier nicht.“
„Lisanne hat es neulich gesagt: Der Bassist ist immer der Coolste von der ganzen Band. Also trage ich die Sonnenbrille auch im Gebäude.“
„Aha“, macht sie zweifelnd, „ist klar.“
Wir bringen eine Fuhre Zeug nach unten und laden es ein, und als wir wieder im Proberaum sind, fügt sie an das Gespräch an: „Außerdem riechst du seltsam.“
„Wie, seltsam?“, will er wissen.
Sie tritt nah an ihn heran und schnuppert und fächelt. Nach ein paar Nasenfüllungen hat sie es raus: „Salbei.“
„Was ist schlimm an Salbei?“
„Es ist nur ein ungewöhnliches Deo. Du riechst ja sonst ganz anders.“
„Aha … wonach rieche ich denn sonst?“
Das klingt nach einem Ablenkungsversuch.
„Grob zusammengefasst nach Freiheit und Abenteuern.“
Grinsend stupst er mich an, „Hast du gehört? Freiheit und Abenteuer! Wow.“ Er wendet sich wieder an Merle: „Wonach riecht Jeremy?“
Eindeutig. Er will sie auf andere Gedanken bringen.
Sie stellt sich vor mir auf die Zehenspitzen und riecht an meinem Hals. Dann hebt sie meinen Arm und schnuppert in der Achsel. „Das kann man schlecht beschreiben.“
„Äußerst präzise“, bemängelt er.
Zoran gefällt das Gespräch.
Sie nimmt noch ein Näschen voll Luft. „Fruchtig und zugleich erdig.“
„Und im Abgang etwas nussig?“, werfe ich ein. „Wir sind doch nicht bei der Weinprobe!“
„Nein, eher ist im Abgang etwas Eigensinn vorhanden. Das ist dein Dickschädel. Jedenfalls rieche ich dich sehr gerne.“
„Ein duftes Kompliment“, grinst Miloš. „Und jetzt Zoran. Wie riecht der?“
Merle kommt dem Auftrag sofort nach, schnuppert und kichert, „Nach Zwiebel.“
„Seltsam. Ist er womöglich gar kein echter Kroate? Kroaten riechen doch nach Knoblauch.“
Sie lacht. „Wenn das das einzige Merkmal ist, ist er definitiv ein echter Kroate. Puh, was hast du gegessen?“
Zoran sagt: „Knoblauch, Zwiebel, Fleisch und Gewürze – was könnte es gewesen sein?“
„Yugokram“, lacht sie noch mehr. „Aber zurück zur Ausgangsfrage: Warum muss es heute Salbei sein?“
Das zum Thema Dickschädel! „Das Rotkäppchen hat sich damals um Kopf und Kragen gefragt“, lenke dieses Mal ich ab. „Großmutter, warum hast du so große Ohren? Großmutter, warum hast du so eine tiefe Stimme? Großmutter, warum dies, warum das? Und hinterher ist es gefressen worden. Merle, ich rate dir: Frag nicht weiter. Ich glaub, der Typ da ist nicht unser cooler Bassist.“
„Wer ist er denn?“
„Das willst du gar nicht wissen“, beschließt Miloš stellvertretend für sie.
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